Alternative Lebensformen

Suck Protection

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Alles ist dreckig. Dreckige Schuhe und dreckige Hosen, dreckiges Lachen in den Gesichtern: Welcome to the Fuck Parade. Alle ungefönten Anti-Berliner und einige verirrte Touristen feierten am vergangenen Samstag ihre eigene Party. Ungefähr soviele Menschen, wie in einer Stunde im Strandbad Wannsee Eintritt bezahlen, waren recht bedröhnt am frühen Nachmittag am Bunker in Mitte erschienen.

Gabba Attack an der Spitze des Zuges, 200 trendy, trendy Leute drumherum. Weiter hinten im Feld ist hauptsächlich Uralt-Style zu sehen: SOD, Chaos Z und Bolt-Thrower-T-Shirts, dazu ein Haufen Hunde in der Umgebung des Punk-Wagens. Aus den Boxen dröhnt "Nelly the Elephant" von den Toy Dolls, was zuletzt 1986 aktuell war. Ein Transparent behauptet: "Riot is the key of the revolution", ein anderes warnt davor, sich "markenbewußt, mediengläubig und gehorsam" zu verhalten. Der netteste Wagen fährt am Ende, Musik fast schon Acid, groovende Menschen, viele Wasserpistolen.

Einer Journalistin ist alles nicht mehr geheuer, sie sieht überall nur noch Rechtsradikale. Hier wolle sie nicht länger arbeiten, ruft sie ihrem Handy zu. Rechtsradikal, weil junge Männer mit nacktem Oberkörper tanzen und irgendwo ein Maschinengewehrlogo rumhängt. "Im Kosovo ist gerade Krieg, da ist sowas eindeutig", sagt sie.

Vielleicht hat die Fuck Parade in dieser Form zum letzten Mal stattgefunden. Die Organisatoren wollen nicht die "bessere Love Parade" veranstalten und überlegen ob des großen Zuspruchs, die Veranstaltung zurück in den Untergrund zu verlegen. Keine Werbung mehr, nur noch Mund-zu-Mund-Propaganda. Zum Ausweichort des "Karnevals der Jugend" möchte man jedenfalls nicht verkommen. Auch zählt Geldverdienen nicht zu den Hauptanliegen, eher das Geldausgeben. So sollte eigens eine CD gebrannt und verkauft werden, um die Unkosten für die Lkw-Mieten wieder reinzuholen. Hat nicht funktioniert, aber vielleicht wird das ja noch nachgeholt. Außer CDs kann man aber fast alles bekommen.

Trotzdem griesgrämig dreinzublicken, gelingt nur den Bullen. Der Mob muß ja gesichert werden. Doch die Trauer steht den Cops nicht nur deshalb ins Gesicht geschrieben. Die Kollegen dürfen zur gleichen Zeit Berge von Teenager-Fleisch im Tiergarten begutachten. Welch ein Anblick: eine Million debil-freundlicher Halbnackter, überall Kameras, keine Hunde. Sie dagegen müssen die Irren durch Berlin leiten. Und das bei einer Musik, von der sie selber irre werden.