Jung und wild

Die PDS ist aus biologischen Gründen von der Fünf-Prozent-Hürde bedroht. Ihr abgelaufenes Verfallsdatum kann man den Genossen wohl kaum zum Vorwurf machen, wohl aber die Tatsache, daß viele von ihnen so steinalt sind, wie sie sich fühlen. Ihr sozialdemokratisches Täterätä wollen sie dennoch als neuesten Aggregatzustand des Sozialismus mit demokratischem Antlitz verstanden wissen.

Das wäre nicht schlimm, es werden ja nicht immer die Parteien mit den besten Programmen gewählt. Wenn aber junge Karrieristen in der PDS mal so richtig rebellisch sein wollen, liegt ein Fall für das Haager Menschenrechtstribunal und den Internationalen Sprachgerichtshof vor. Für die PDSler unter dreißig ist Jugendlichkeit das Privileg, keine einzige Idee zu haben, zum Ausdruck dieses Sachverhalts aber dermaßen viel Papier zu verbrauchen, daß die Einschaltung von Greenpeace nur noch eine Frage der Zivilcourage ist.

Wenn die Generation "Leistungsorientierung" in der PDS die Karriereleiter eine Sprosse weiter nach oben steigen möchte, jammert sie in einem Tonfall über die fehlende Attraktivität ihres Kriegsgräberfürsorgevereins, gegen den der des XX. Parteitags der KPdSU wie ein Beat-Event geklungen haben muß: "Anlaß der Vorlage ist die Annäherung an ein ganzheitliches Konzept zur Einbindung junger Menschen in die Arbeit der Partei des Demokratischen Sozialismus."

Wer möchte schon in "ein ganzheitliches" Konzept eingebunden werden? Punk, Hardcore, Antifa - na klar. Aber wer will in einem Verein mitmachen, der sich als "gesellschaftlicher Willensverband" bezeichnet und "seine Zielsetzung unter Berufung auf den sozialistischen Charakter seines Programms im Wirkungsfeld des Staates vertritt"? Für die jungen Wilden unter 60 mag das ein attraktives Angebot sein. Ansonsten machen Sätze wie dieser klar, warum Jugendliche eine CDU-Mitgliedschaft der sprachpolitischen Folter bei der linken Konkurrenz vorziehen.

Für das Neue Deutschland ist klar: "PDS-Jugend rebelliert gegen alten Trott". Tatsächlich! Wie damals Ché Guevara kämpft heute die jugendpolitische Sprechblase der Landesvorstandes, Michael Grunst, gegen - na? - die "defensive Sozialstaatspolitik". Das hat was von der Frechheit des jugendlichen Helmut Schmidt.

Dank ihrer brillanten Strategie ("Erfolgreich im Jugendwahlkampf erprobte Mittel, wie Infostände und Teilhabe an Großveranstaltungen, sind weiter zu qualifizieren") wird sich die PDS in den nächsten Wochen vor Aufnahmeanträgen akne-bewachsener Teenager kaum retten können. Die Backstreet Boys sind dagegen chancenlos.