Migranten-Unterstützung und -Selbsthilfe in Italien

Padova populare

Padua hat Paradoxes zu bieten: Nicht nur daß die sozialdemokratische Gewerkschaft CGIL hier der neo-kommunistischen Rifondazione Comunista nahesteht; sie hat in Padua auch seit 1989 eine kostenlose Rechtsberatung eingerichtet - für Migranten. Jährlich kommen, um sich über bürokratische Schikanen beraten zu lassen, etwa 3 000 Personen, die meisten stammen aus Albanien, Tunesien, Marokko oder der Türkei. Mit diesen Staaten hat Italien Abschiebe-Abkommen vereinbart.

Neben der Rechtsberatung besteht eine Cucina Populare ("Volksküche") und eine medizinische Anlaufstelle. Beide Einrichtungen werden täglich von bis zu 500 Personen besucht, neun von zehn Besuchern sind Migranten. In der Ambulanz arbeiten bis zu 15 Allgemein-Mediziner. Ohne Krankenversicherung werden sowohl akute Krankheiten behandelt als auch Vorsorge-Behandlungen durchgeführt. Grundlage dafür ist ein Gesetz von 1996, das in der Region Veneto zur Minimal-Gesundheitsversorgung geschaffen wurde. Offiziell hat es den Zweck, durch Vorsorge die Kosten zu senken.

Die Anlaufstelle nutzt das Gesetz um die medizinischen Standards für die Betroffenen zu sichern. 70 Prozent der Besucher kommen aus Afrika (und den Maghreb-Staaten), 20 Prozent aus Osteuropa. Die Zusammenarbeit mit öffentlichen Ambulanzen ist gut; diese führen Laboruntersuchungen durch. Somit ist die allgemeine medizinische Versorgung gewährleistet. Auch Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche können betreut werden. Alle behandelnden Ärzte sind an die Schweigepflicht gebunden.

Probleme gibt es hingegen immer noch bei der Unterkunft der Migranten. Einige kommen in (geöffneten) Kirchen, Notschlafstellen und besetzten Häusern unter. Dennoch sind zur Zeit Unterkünfte nicht in ausreichendem Umfang vorhanden.

Ein weiteres Projekt für Migranten in Padua nennt sich Mimosa und unterstützt junge Prostituierte. Mimosa existiert seit drei Jahren und wird über private Spenden, seit jüngster Zeit teilweise auch über das EU-Gesundheitsprojekt Tampep finanziert. Mimosa ist als Straßenprojekt angelegt und will Prostituierten die Möglichkeit eines Ausstiegs bieten.

Zweimal pro Woche treffen sich drei Gruppen von Mimosa-Mitarbeitern mit betroffenen Frauen. Ihnen werden medizinische Betreuung, Zimmer in einem "Haus zur Reintegration" sowie - ganz pragmatisch - Kondome angeboten. Die meisten Frauen, die von Mimosa betreut werden, kommen aus Rumänien, der ehemaligen Sowjetunion, aus Nigeria und verschiedenen zentralafrikanischen Staaten. Seit 1998 gibt es juristisch für sie die Möglichkeit, ihren Aufenthalt zu legalisieren, indem sie Zuhälter anzeigen und vor Gericht gegen sie aussagen.

Somit kommt es nicht selten zu einer Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem Verein. Viele Prostitutierte und Mimosa-Mitarbeiter kritisieren diese Praxis ebenso wie die Reintegrationsprogramme des Ausstiegshauses. Die "Reintegration" erfolgt dort in drei Phasen: Nach sechs bis acht Monaten Aufenthalt im Haus soll der Übergang in eine Familie oder familiäre Struktur erfolgen; danach ist die Rückkehr in den legalen Alltag vorgesehen. Bislang sind 25 Frauen betreut worden. Nur wenige akzeptieren die Kooperation, andere gehen - von Mimosa unterstützt - zurück, einige tauchen erneut unter.