Billige Autos für den Beitritt

Unfreiwillig sponsert die Athener Börse einige Umverteilungsmaßnahmen der griechischen Pasok-Regierung

Pünktlich zum 25jährigen Jubiläum der sozialdemokratischen Pasok - sie wurde am 3. September 1974 gegründet - hatte Parteichef und Ministerpräsident Kostas Simitis einige Überraschungen parat: Im Gegensatz zum bisherigen harten Sparkurs der sozialdemokratischen Regierung, begründet mit dem Beitritt zur Währungsunion, werden diesmal finanzielle Geschenke verteilt.

Unterstützt wird Simitis dabei von den Börsianern aus der Athener Sophokleous. Durch Mehreinnahmen in Höhe von 300 Milliarden Drachmen, erzielt mit der Verdopplung der Börsensteuer von drei auf sechs Prozent, sieht sich die Regierung in der Lage, das so lange geforderte "soziale Gesicht" der Pasok zu zeigen. Die simple Maßnahme, Spekulationskapital höher zu besteuern, macht so die Börse zum Finanzier des insgesamt 13 Punkte umfassenden Pasok-Geschenkpakets. Der für das Frühjahr 2000 angepeilte Beitritt zur EU-Währungsunion werde trotz der geplanten Ausgaben in Höhe von 470 Milliarden Drachmen nicht gefährdet, bemühen sich nun zahlreiche Regierungsmitglieder, die Kritik an dem Maßnahmenpaket zurückzuweisen.

Alle gesellschaftlichen Schichten sollen etwas bekommen, vor allem aber die niederen und mittleren Einkommensklassen. Das Arbeitslosengeld wird um zehn Prozent erhöht - bei gleichzeitiger kostenloser Krankenversicherung. Bisher mußten Behandlungs- und Arzneikosten selbst getragen werden. Die Renten sollen um vier Prozent steigen, Heizöl wird, ebenso wie neue Pkw, durch eine geringere Besteuerung deutlich billiger, und der Steuerfreibetrag wird erheblich erhöht. Auch kleine und mittelständische Betriebe sollen Steuererleichterungen erhalten.

Die auf den ersten Blick beeindrukkenden finanziellen Geschenke relativieren sich, wenn man die Prozente in Geld umrechnet. So haben Arbeitslose künftig rund 9 000 Drachmen (28 Euro) mehr im Monat, die Rente erhöht sich um 10 000 Drachmen (31 Euro) monatlich und die jährliche Steuererleichterung bewegt sich zwischen 27 ooo und 91 000 Drachmen (85 bis 300 Euro). Besonders wichtig für die autoverliebten Griechen sind die günstigen Preise für neue Pkw. Aber auch die Autofirmen teilen in ganzseitigen Zeitungsanzeigen ihre Freude mit.

Im Hinblick auf die Wahlen im kommenden Frühjahr ist Simitis ein Coup gelungen. Allein die Tatsache, daß die Pasok sich nach den zum Teil harten Arbeitskämpfen der letzten Jahre erstmals wieder stärker auf ihre Klientel - Arbeiter und Bauern - zubewegt, erhöht ihre Wahlchancen.

Besonders zufrieden zeigte sich Wirtschaftsminister Jannos Papantoniou. Der Tageszeitung Elefterotypia erklärte er, daß "die Maßnahmen einen stark verteilenden Charakter" haben und gleichzeitig "dem Ziel des Beitritts zur EU-Währungsunion folgen". Nach seinen Angaben ist die Inflation gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozent zurückgegangen und wird voraussichtlich in den nächsten zwei Monaten weiter sinken - um mindestens 1,5 Prozent. Die Regierung beweise durch diese erfolgreiche Senkung der Inflationsrate, daß sie auch "bei strengster Auslegung" die Beitrittskriterien im Frühjahr erfüllen werde.

Die meisten Politiker der Opposition kritisierten übereinstimmend und zum Teil mit der gleichen Wortwahl das Paket als "Eindruck schindendes Wahlgeschenk ohne wirkliche Substanz". Für größeren Krach sorgte Christos Polizogopoulos, Pasok-Mitglied und Vorsitzender der Gewerkschaft GSEE, der die Maßnahmen als "einen Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete. Gewerkschafter von Nea Dimokratia (Neue Demokratie, ND) und Synaspismos (Linksallianz) erklärten, diese Aussage sei "nicht abgesprochen".

"Die Maßnahmen sind eine Schande. Die Regierung nimmt uns erst 100 Prozent und gibt uns jetzt zehn Prozent zurück", eine reine Wahlkampfmaßnahme sei das, erklärte der GSEE-Generalsekretär Jannis Manolinis. Die von der GSEE abgespaltene Gewerkschaft Pame betonte, der Widersand gegen die "neoliberale und volksfeindliche Regierungspolitik" werde unvermindert fortgesetzt.

Bei Pasok und in den Gewerkschaften häufen sich indes die Stimmen, die eine stärkere Annäherung an die Politik von Lionel Jospin in Frankreich fordern. Verlangt wird eine deutliche Ablehnung des Blair-Schröder-Papiers und die gesetzliche Einführung der 35-Stunden-Woche ohne Lohnverzicht noch in dieser Legislaturperiode.

Streitpunkte zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sollen dabei durch eine zu gründende gemeinsame Kommission geklärt werden. Die in der Kommission beschlossenen Ergebnisse sollen in das Gesetz einfließen. Simitis schloß jedoch weitere Maßnahmen bis zum Beitritt Griechenlands zur EU-Währungsunion kategorisch aus.

So waren denn auch die Feierlichkeiten zum 25. Geburtstag der Pasok trotz des Geschenkpaketes der Regierung etwas getrübt. Über die Differenzen mußte die Beschwörung der gemeinsamen Vergangenheit hinweghelfen. Gerade einmal sieben Jahre hatten dem charismatischen Parteigründer Andreas Papandreou genügt, um 1981 zur zentralen Gestalt der griechischen Politik zu werden - von einer durch Wahlen verwirklichten Revolution sprachen man, als im Oktober 1981 die Pasok an die Macht kam. Seither regiert die Partei, nur unterbrochen durch eine kurze Phase von 1990 bis 1993.

Hervorgegangen aus dem bewaffneten Kampf der von ihm selbst gegründeten PAK (Allgriechische Befreiungsbewegung) gegen die griechische Militärjunta (1967 bis 1974), nahmen Papandreou und seine Mitstreiter 1974 auch den Kampf um die Stimmzettel auf - mit einem sozialistisch-antiimperialistischen Programm und guten Verbindungen zu allen möglichen Befreiungsbewegungen der siebziger und achtziger Jahren. "Yankees go home", "Raus aus der Nato", "Nein zur EG", "Enteignung von Banken und Großindustrie", "Trennung von Staat und Kirche" und "Verteilung des Kirchengrundes an Landkooperativen", lauteten noch 1981 die Forderungen auf Pasok-Parteitagen.

Was folgte, als die Pasok die Regierung stellte, war das bekannte sozialdemokratische Drama mit Namen "Realpolitik". Finanzielle Zuschüsse in Milliardenhöhe sorgten dafür, daß Griechenland nicht die Nato verließ und der EG beitrat; Staat und Kirche blieben eng beisammen und über den Kirchengrund wachen weiterhin die Popen. Allein ein Privileg wurde aufgehoben - seit 1981 dürfen auch die griechischen Frauen einen Scheidungsantrag stellen.

Die in den Anfängen steckengebliebene Verstaatlichung der Schlüsselindustrien wird seit drei Jahren von der nach dem Tod Papandreous runderneuerten Pasok unter Kostas Simitis in ihr Gegenteil verkehrt. Umfangreiche Privatisierungen der noch verbliebenen Staatsbetriebe führen bis heute immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Staat und den Belegschaften. Nun sollen kleine Geschenke für Abhilfe sorgen.