Union und Rakete zum Jahrestag

Das schönste Geschenk machte sich Muammar el-Gaddafi zum 30. Jahrestag seiner Machtübernahme selbst: Er stellte seinen Untertanen und den zum Gipfel der Organisation für Afrikanische Einheit angereisten Diplomaten die "Libysche Rakete" vor. Dabei handelt es sich nicht, wie alle Anwesenden gelangweilt erwarteten, um eine Waffe, sondern um "das sicherste Auto der Welt", wie der leidlich attentatserfahrene libysche Staatschef und Revolutionsführer seinen Staatsgästen versicherte. Präsentiert wurde ein schmaler grüner Fünf-Personen-Wagen in Form einer Zigarre, ausgestattet mit zahlreichen Airbags und einer stauchbaren Stoßstange - also eine Art Wüsten-Wartburg mit verbesserter Knautschzone, den man wohl selbst mit einem niederländischen Klapprad überholen und in den Straßengraben drängen könnte.

Radio Tripolis jedenfalls war schon Tage vor dem Geburtstag völlig aufgeregt: "Der Bruder Führer der Revolution hat heute (4. September) Bruder Salim Ahmed Salim, den Generalsekretär der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), empfangen, der in der Großen Dschamahirijjah eintraf, im Rahmen der Vorbereitungen für den außerordentlichen afrikanischen Gipfel, der in der Großen Dschamahirijjah stattfinden soll."

Der Gipfel fand dann auch statt, aber außer den üblichen Forderungen - Vetorecht für Afrika im Sicherheitsrat der UN, Rückgabe aller von den früheren Kolonialmächten geraubten Schätze, Appell zur Afrikanischen Einheit, diesmal erweitert um die Bildung einer afrikanischen Union - war nur ein Vorschlag von Gaddafi außerordentlich: Er legte den Diplomaten aus 40 (von insgesamt 53) OAU-Staaten nahe, bereits am 1. Januar 2000 die Vereinigten Staaten von Afrika auszurufen.