Fußball ist doof

Overkill

Als im letzten Jahr eine Hand voll europäischer Großvereine, angeführt vom italienischen Medien-Mogul Silvio Berlusconi (AC Mailand), eine eigene Vermarktungsgesellschaft namens MPI für eine neue Euroliga gründete, reagierte die Uefa prompt auf diese bedrohliche Konkurrenz. Die Champions League wurde auf 32 Vereine aufgestockt, der Pokalsiegercup abgeschafft und der Uefa-Cup endgültig zum Loser-Pokal degradiert.

Zwar wurden nicht alle Forderungen der unersättlichen Fußball spielenden Unterhaltungskonzerne an den Verband erfüllt, wie z.B. eine qualifikationslose Teilnahme bestimmter Spitzenvereine, aber nach der ersten Runde war selbst das notorische Lästermaul des deutschen Fußballs, der Bayern-Manager Uli Hoeneß, recht zufrieden.

Seit letzter Woche steht aber fest, dass die neue Champions League zumindest schon eine Stadionzuschauerkrise erlebt. Nach drei Spielrunden kamen durchschnittlich 10 000 Eintrittzahler weniger zu den einzelnen Begegnungen als im letzten Jahr und selbst spielfreudige Kicker wie der extrem ehrgeizige Bayern-Torwart Oliver Kahn jammern schon lauthals über die zu große Belastung für die Spieler. Obwohl alle Bundesliga-Mannschaften, die es sich leisten können, nun über einen Kader verfügen, der ohne Probleme zwei Topaufstellungen zulässt.

Aber das scheint bei einem halben Jahr durchgehender "englischer Wochen" nicht mehr auszureichen, und es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis Bayern München sich gezwungen sieht, sich noch ein dritte A-Mannschaft anzuschaffen. Hierbei vollzieht sich im Fußballgeschäft eine Entwicklung wie in anderen Wirtschaftszweigen auch, es gibt eine immer größere Kapitalkonzentration bei den Marktführern. Diese kann (noch) nicht durch Fusionen herbeigeführt werden, wie sonst im Kapitalismus üblich, sondern nur durch immer größere Akkumulation hochwertigen Spielermaterials, andauernde Ausweitung des Merchandising-Geschäftes und immer höhere Forderungen bei der Vermarktung der TV-Rechte.

Bei seinem Streit mit dem DFB um die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte hat sich der FC Bayern z.B. nun deutlich höhere Einnahmen erdroht, was naturgemäß zu Lasten der kleinen Vereine geht. Dieser verschärfte Verteilungskampf um den immens lukrativen Fußballmarkt vollzieht sich natürlich ebenso im Weltmaßstab. Wenn beispielsweise jetzt der Generalsekretär des Weltfußballverbands Fifa, Michel Zen Ruffinen, konstatiert: "Die Champions League ist ein Fiasko" und sie sei insgesamt eine "Bedrohung für den Fußball", der Uefa-Direktor Tognoni dagegen äußert: "Wir sind sehr zufrieden", so offenbaren sich hierbei die eklatanten Interessengegensätze zweier Hauptkonkurrenten.

Dabei ist es seitens der Fifa heuchlerisch, ausgerechnet der Uefa Beteiligung am Fußball-Overkill vorzuwerfen. Immerhin ist es der Weltverbands-Chef, Sepp Blatter, der immer stärker darauf drängt, die Fußball-WM im Zweijahres-Rhythmus auszutragen - und damit auch die Fußball-Europameisterschaft zu marginalisieren. Blatter sorgt sich derweil natürlich um (sein) gutes Geschäft. "Es gibt eine Überbeanspruchung der Zuschauer im Stadion und im Fernsehen, und natürlich der Sponsoren", denn das Zuviel im Fußball ist natürlich immer das Zuviel des anderen.