Rechter Hahnenkampf

Bei den Wahlen zum Berkiner Abgeordnetenhaus wollen die Republikaner noch einmal abräumen. doch die Gesamtpartei nähert ihrem Zerfal.

Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen, in den sich der Fuchs eingeschlichen rennen sie schon seit einiger Zeit umher, die einstmals erfolgreichen Republikaner. Den Part des Fuchses hat der DVU-Chef Gerhard Frey übernommen. Er zeigt sich überall dort, wo bisher die Republikaner ihr Revier hatten. Ihr Vorsitzender, Rolf Schlierer, wehrt sich zwar nach Kräften, doch die Parteianhänger reagieren kaum noch auf sein Imponiergehabe.

Zum schwindenden Einfluss auf die Parteibasis kommt zunehmend auch noch der Misserfolg. Wo die Republikaner zu Wahlen antreten, erleben sie Niederlagen und Rückschläge. Dort, wo sie auf eine Wahlteilnahme verzichten, da ist Gerhard Freys DVU erfolgreich. Am 5. September hielten sich die Republikaner bei den Wahlen in Brandenburg raus, die DVU zog dagegen mit 5,2 Prozent Stimmenanteil in den Potsdamer Landtag ein. Am selben Tag traten die Republikaner bei dem Urnengang im Saarland unter Abwesenheit der DVU an, doch der magere Stimmenanteil der vergangenen Landtagswahlen wurde noch unterboten.

Kein Wunder, dass der Unmut an der Basis wächst. In Parteien mit Führerprinzip ist der Mann an der Spitze sowohl für Erfolge als auch für Misserfolge verantwortlich. Wenn er nicht mehr seine Position auszufüllen und Erfolge zu garantieren vermag, wird immer häufiger innerparteiliche Kritik laut. Rolf Schlierer ist ein Beispiel dafür.

Bereits beim Parteitag im vergangenen Herbst war seine einstmals unangefochtene Stellung in Frage gestellt worden. Damals noch ohne Folgen. Der stellvertretende Parteivorsitzende Christian Käs begehrte auf und forderte das "Ende des Schmusekurses". Für ihn lagen die Misserfolge der Republikaner in einem deutlichen Profil-Mangel begründet. Rolf Schlierer träume von einer künftigen Rolle als Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU. Von den anderen Parteien der extremen Rechten grenze seine Linie sich ab. Dieses Konzept Schlierers und seiner Gefolgsleute habe einerseits den erwünschten Erfolg nicht erbracht, andererseits die Reps weitgehend auf den Status einer süddeutschen Regionalpartei reduziert.

Damals konnte Schlierer den Angriff des rebellierenden Käs noch abwehren. Erstens hatte dieser selbst Leichen im Keller, die hervorgeholt zu werden drohten, zweitens zauberte Schlierer eine Übereinkunft mit dem ungeliebten Gerhard Frey aus dem Hut. Dieses Scheinbündnis mit der DVU beruhigte die Gemüter zunächst. Käs zog sich noch vor der Wahl zum Parteivorsitzenden zurück - der Wiederwahl Schlierers stand somit nichts mehr im Weg. Inzwischen aber haben wohl alle Parteimitglieder begriffen, dass die Vereinbarung mit Frey ausschließlich diesem Zweck diente.

Während die Partei seither ihre Krise zu bewältigen sucht, schwelgen die treuen Parteigänger nostalgisch in Erinnerungen an die "guten alten" erfolgreicheren Zeiten und an die Personen, die für sie standen. Zum einen ist es der ehemalige Vorsitzende Franz Schönhuber, der sich inzwischen in den Gefilden von Gerhard Frey bewegt und die Fehlschläge seines Nachfolgers mit Hohn und Spott verfolgt.

Da ist aber auch noch der frühere Kronprinz Schönhubers, Harald Neubauer. Einstmals Europa-Abgeordneter, bayerischer Landesvorsitzender und Generalsekretär der Republikaner, fungiert Neubauer mittlerweile als Mitherausgeber der neofaschistischen Zeitschrift Nation+Europa. Neben dem nicht gerade mitreißenden Schlierer sticht Neubauer vor allem als guter Redner hervor.

Aus taktischen Gründen hatte er bereits vor zwei Jahren, angeblich wegen Arbeits-überlastung, den Vorsitz der aus Dissidenten der Republikaner und NPD bestehenden Deutschen Liga niedergelegt. Neubauer entging dadurch dem Vorwurf, "ein Agent einer feindlichen Macht" zu sein, wie es Schönhuber nachgesagt wird. Der Kreisverband Offenbach-Land (Hessen) nutzte die Gunst der Stunde, um Neubauer zu einer Parteiveranstaltung am 16. Mai nach Rodgau einzuladen.

"Es kann keinen zweiten geben", dachte sich Schlierer und versuchte, den Eindringling aus seinem Revier zu vertreiben. Mit knapper Mehrheit wurde im Präsidium auf sein Drängen ein Beschluss gefasst, der Veranstaltungen mit Neubauer verbietet. Zuwiderhandlungen, so wurde betont, zögen "automatische Parteiordnungsverfahren" nach sich.

Die Südhessen jedoch scherten sich einen Dreck um die Vorgaben der Parteispitze. Neubauer redete trotz des Verdikts. Demonstrativ präsentierten sich auf der Veranstaltung am 16. Mai mehrere Spitzenfunktionäre. Die angedrohten Disziplinarmaßnahmen aber blieben aus.

Inzwischen ist Harald Neubauer einer der häufigsten Redner und Referenten der Republikaner. Er tritt bei Parteiveranstaltungen öfter auf als der eigene Parteivorsitzende. Der Thüringer Kreisverband Altenburg ging sogar noch weiter und erklärte Neubauer zum Ehrenmitglied - obwohl seine Wiederaufnahme in die Partei durch die "Ruhstorfer Beschlüsse" geradezu unmöglich gemacht wurde.

Der Vorstand des Landesverbandes Hessen, eines der wenigen noch funktionstüchtigen Parteigremien, fordert wegen all dieser Unklarheiten nun einen Sonderparteitag. Der Landesverband Hamburg tritt für die Absetzung des Bundesgeschäftsführers Gerhard Tempel ein. Kreisverbände verlangen gar den Rücktritt Schlierers. Die Anzeichen, die auf die letzten Tage Rolf Schlierers an der Parteispitze hindeuten, mehren sich.

Unberührt von der Krise wandert Neubauer von Veranstaltung zu Veranstaltung. Denn er weiß, seine Zeit und die seiner Verbündeten wird kommen. Aber damit es so weit kommen kann, müssen zuerst die Ausgrenzungsbeschlüsse fallen, dann muss ein neuer Vorsitzender her, der für alle Richtungen innerhalb der Partei tragbar ist.

Dafür kommen lediglich zwei Personen in Frage: der ehemalige Parteivize Hans Hirzel, eine Randfigur der Widerstandsgruppe Weiße Rose, und Präsidiumsmitglied Klaus Zeitler, der ehemalige SPD-Oberbürgermeister von Würzburg. Für Harald Neubauer spielt es keine große Rolle, wer von beiden demnächst der neue Vorsitzende der Republikaner wird.