Ferrari

Formel D

"Wen macht Schumi zum Weltmeister?" fragte die Bild-Zeitung am Tag vor dem alles entscheidenden Saisonfinale in Suzuka, denn so viel schien zumindest für die deutschen Medien klar: Ohne Hilfe des zweimaligen Weltmeisters ist Eddie Irvine sowieso zu gar nichts in der Lage und Mika Häkkinen eigentlich auch nicht. Dass man damit den seit dem Sommer dieses Jahres gern als "Großmaul" geschmähten Irvine in Sachen Großkotzigkeit um Längen überholte, störte da weniger.

Und schon gar nicht, dass schon vor dem letzten Rennen klar war, dass Michael Schumacher nur wenig Lust haben würde, ausgerechnet der Nummer zwei zum ersten Ferrari-Titel seit 1979 zu verhelfen. Den will das "Schuummmiii" nämlich selbst irgendwann gewinnen. So dringend, dass er ursprünglich sogar in dieser Saison nicht mehr hatte starten wollen, um so zu vermeiden, eventuell Irvines Wasserträger spielen zu müssen. Erst nach massiver Intervention von F-1-Boss Bernie Ecclestone wurde der gasfußlahme Rekonvaleszent plötzlich doch wieder fahrtüchtig.

Die Ampel in Suzuka war dann auch kaum auf Grün umgesprungen, da war schon klar, dass wirklich niemand einen unwilligen Schumacher überreden kann, einem anderen Ferraristi den Titel zu überlassen. Denn den schlecht geposeten Fake-Schnellstart, einen mit zunächst äußerst halbherzigem Gasgeben und dann entschlossenem Häkkinen-Vorbeilassen, muss man wahrscheinlich lange geübt haben, um ihn so routiniert wie der Ex-Weltmeister in Suzuka hinlegen zu können. Im weiteren Verlauf des Rennens war klar, dass er sogar alles verlernt hatte, was ihn sonst auszeichnete, Schnell-Fahren etwa, Überholen oder auch den entschlossenen Ruck am Lenkrad, mit dem er in der Vergangenheit seine damaligen Konkurrenten Damon Hill einmal erfolgreich und Jacques Villeneuve einmal erfolglos hatte von der Strecke schießen wollen.

Böse Absicht wollte ihm jedoch, mindestens bei RTL, niemand unterstellen: "Schon wieder hat er ein kleines Stückchen abgebissen von Häkkinens Vorsprungs-Polster", frohlockte man dort über jede gutgemachte Hundertstel-Sekunde Schumachers, ohne zu bedenken, dass der in diesem Tempo ungefähr Mitte November entscheidend an den McLaren-Piloten herangekommen wäre. Weiter hinten konnte sich Eddie Irvine immerhin darüber freuen, in der nächsten Saison nur noch an den Rennwochenenden mit dem Mann, dessen Bruder in Rennfahrerkreisen "das kleine Arschloch" genannt wird, zu tun haben zu müssen.

Die Saison 2000 wird jedoch für antideutsche F-1-Fans die wohl allerhärteste werden. Nicht nur, weil der Rummel um den Ferrari-Weltmeister Schumacher, den Ecclestone im nächsten Jahr aber ganz bestimmt feiern will, nicht auszuhalten wäre. Oder weil Rennleiter Norbert Haug, dessen Rauswurf bei McLaren im Falle des Irvine-Titelgewinns schon beschlossene Sache war, nun wahrscheinlich seinen Job doch behalten darf, sondern auch, weil neben den Schuster-Jungs und Heinz-Harald Frentzen noch ein weiterer Deutscher mitfahren wird: Nick Heidfeld ist noch uncharismatischer als Frentzen und - schwer vorstellbar, aber trotzdem möglich - noch verkniffen-humorloser als Schumacher d.Ä. Und vollends zur Formel-D wird die

F-1 nun auch noch durch das Engagement der Deutschen Bank, die zunächst 17,5 Prozent der Ecclestone-Anteile an der Formula Uno erwarb, mit einer Option, später bis zu 49 Prozent hinzukaufen zu können. Und wen die im nächsten Jahr als Weltmeister feiern möchte, ist ebenso durchsichtig-klar wie Schumachers Start-Posing von Suzuka.