Wherever I lay my head, there's my home

Gefährlich ungefährliche Orte I: Die Kneipen in der Simon-Dach-Straße nach mindestens zehn Bieren.

Eins ist klar, man muss mit dem Conmux anfangen. Da kann es gar keine Diskussion geben. Mit dem Conmux hat hier alles angefangen in der Simon-Dach-Straße. Das ist das Original. Und es ist sozusagen das Tor zu Friedrichshains neuer Kneipenmeile. Jedenfalls, wenn man von Süden kommt. Außerdem hat man hier im Sommer am längsten Sonne. Sowieso der Sommer: Das ist ein Draußengesitze hier in der Straße, da geht die eine Kneipe in die nächste über. Was heißt Kneipe? Ein einziger Biergarten ist das dann. Schön. Man geht abends einfach vor die Tür, schlendert die Straße rauf und runter, und da geht's dann: Hallo hier und Hallo dort, stör' ich? Nein, setz dich!

Jetzt aber ist es Winter und man muss rein ins Warme. Also Zeit, sich die Gemäuer mal von Innen anzuschauen. Das Conmux kennt man ja. "Hallo, ein kaltes Diebels wie immer?" Das ist eine gute Begrüßung. Erstens, weil man sich deine Fresse gemerkt hat, und zweitens, weil man sich endlich, endlich gemerkt hat, dass auch das frisch gezapfte Diebels Alt ein Recht darauf hat, kalt serviert zu werden. Sowieso ist die Bedienung viel netter als ihr Ruf. Der ist nämlich außerordentlich schlecht. Musik: die Art Gitarrenmucke, die man normalerweise laut hört, hier aber relativ leise. Das ist deshalb schlecht, weil man dann das ganze Geschnatter im Raum hört. Muss doch nicht sein! Die Einrichtung ist solide, unaufdringlich, hemdsärmelig. Mehr Kneipe als Café. Richtig so! Das Publikum ist sehr gemischt, aber die ganz Jungen gehen offenbar woanders hin. Empfehlenswert das Frühstücksbuffet am Sonntag. Ansonsten ist das Essen mäßig. Vom Fass gibt es Hasseröder, Köstritzer, Diebels, Kilkenny und Guinness.

Also weiter. Daneben ist das Daneben. Untertitel: Weinpinte. Das sitzt! Alles viel zu ruhig, dunkel, Kerzen. Kein Handy-Empfang. Aber das ist auch besser so. Hier kann man eh nur flüstern, wenn man nicht auffallen will. Die Musik (soulig-funkig) ist auch kaum mehr als ein Flüstern. Bücherregale. Die Bedienung kommt gar nicht. Die Klos haben wir auch nicht gefunden. Dafür dann am Tresen Bier bestellt. Vom Fass gibt's: Berliner, Warsteiner und Staropramen. Nur zwei Cocktails: Tequila Sunrise und Pi-a Colada, also Dinge, die es fast schon fertig in der Flasche gibt. Dafür eine dicke Weinkarte. Und jede Menge Pizzen. Das Berliner ist schön kühl und sprudelig. Wir müssen weitergehen. Wir fühlen uns beobachtet.

ad libitum heißt der nächste Schuppen, ist hier die Schwulenkneipe. Hey Mann, das ist ja klasse! Super gemütlich. Sofas überall, tolles Licht, schön ausgeschmückt. Und hier, guck mal da! Drei mal Play-Station. Lara Croft ist auch dabei. Aquarium im Fenster. Vorn gibt es einen DJ. Meist läuft hier Techno, aber auch Arabisch-Pop oder Madonna. Der Mann hinterm Tresen hat so kurze Haare! Das hast du hier häufig. Publikum ist natürlich vor allem männlich und komplett homo. Auf der Karte finden wir Afri-Cola. Das ist angemessen! Fass-Bier: Rolinck Premium und außerdem - das ist natürlich unangenehm - Gaffel Kölsch. Wer trinkt denn so was? Na ja, ist wahrscheinlich eine Hommage an die Schwulen-Metropole Köln. Auge zugedrückt. Zu essen gibt's nichts. Aber wozu auch? Wir nehmen sowieso das Pils. Prost!

Was ein Pentaskop ist, weiß zumindest Meyers Großes Taschen-Lexikon nicht zu sagen. Muss irgendwas mit Fünfecken und Prismen zu tun haben. Aber egal, man kann sich so ein Ding ja in dem gleichnamigen Schuppen anschauen - ohne klüger zu werden. Steht auf dem Tresen. Die tollen Lichteffekte werden aber von anderen Geräten bewerkstelligt: Dias an der Wand, Leuchten, Lämpchen und so weiter. Ein DJ sorgt für Softi-Techno. Oder ist das House? Grüne Korbstühle - ganz cool, aber eher ungemütlich. Vom Fass: Würzburger Pils und dasselbe in schwarz. Auf den Toiletten herrscht politische Willkür. Nebeneinander entdecken wir Aufkleber von der AAB, der Jungle World, der RIM und darunter ein Plakat, das für die Erotik-Messe wirbt. Wir kommen glatt ein wenig ins Gespräch. Da brauchen wir noch ein zweites Würzburger.

Bis zu Paules Metall Eck ist es jetzt doch richtig weit. Da liegt schon das eine oder andere Haus dazwischen. Uiuiui. Aber wir werden mit Metallballaden belohnt. Und mit einem vernünftigen Bier. Bedienung gibt's nicht. Gibt's doch! 40 blonde Locken unterm schwarzen Basecap. Die Karte ist komplett unverständlich. Was das Franken für Kreuzberg, ist Paule für Friedrichshain (Social Distortion!). Nettes Punkrock-Publikum, vorwiegend männlich. Billardtisch! Dartscheibe, Daddlautomaten, alles schwarz gestrichen, Schwarzlicht, ein paar Totenköpfe hier und da, hey, ein cooler Klospruch: Fuck Jesus in the hands! Yeah! Hier könnte man versacken. Aber nein, wir sind grad mal auf der Hälfte! Weiter, weiter!

Hundertwasser heißt der nächste Schuppen. Riesiggroß. Aber es ist grad mal halb eins, und schon wollen die so langsam schließen. Schließerspießer! Die Bedienung putzt Gläser. Alles so 08/15 hier. Gleich weiter? Nein, ein Anstandsbierchen. Große Auswahl am Fass: Radeberger und Flens, Köstritzer, Kilkenny, Guinness, Erdinger.

Also schnell zwei Radis und weiter zur Dachkammer: unverputzte Wände. Mein Gott, sind wir cool! Musik? Latino, Garbage und so. Publikum ist sehr durchschnittlich. Mmmh, Wernesgrüner! Außerdem Kilkenny, Köstritzer und Erdinger. Essen gibt's auch, Preise scheinen ganz okay zu sein. Und, hey, schau mal dort, da geht's 'ne Treppe hoch! Oben ist eine ganz eigene Kneipe. Da darf man sein Bier gar nicht mit hoch nehmen. Schade. Oben gibt's Sofas, Cocktails, elektronische Musik, ganz gemütlich. Beim Zigarettenschnorren wird man in komische Gespräche verwickelt. Ihr Inhalt ist schon fünf Minuten später vergessen. Dann kann's ja weiter gehen.

Als nächstes käme - geografisch gesehen - jetzt eigentlich die Astro-Bar. Aber die Astro-Bar kommt als letztes dran. Denn die Astro-Bar ist definitiv die Absacker-Kneipe. Also kurz die Straßenseite gewechselt. Da sind ja auch noch zwei Wärmstuben. Erst ins Euphoria. Sieht von außen ziemlich Kacke aus. Alles so pissgelb gestrichen. Schlicht eingerichtet. Es läuft überraschend guter Gitarrenrock, später Latinomix. Das Publikum ist wahnsinnig langweilig. Studentenpack. Schlimm! Zu Essen gibt es die gesamte Italo-Palette zu akzeptablen Preisen. Könnte man mal ausprobieren. Die Bedienung ist hübsch, das Bier (Veltins) gut und kalt. Und geht runter wie nix. Wenn man erstmal so 'nen bestimmten Punkt überschritten hat, läuft die Plörre auch wieder prima die Kehle runter.

Das nächste Bier nehmen wir im Zehn Vorne. Nettes, jüngeres Publikum, hinten ein Trekki-Kultraum, Goa-DJ, Filmchen an der Wand, etwas zu hell beleuchtet das Ganze. Irgendein Bier, schmeckt doch alles gleich! Wir lassen uns - völlig wehrlos - ein Probe-Abo der Berliner Zeitung aufschwatzen und bekommen sogar noch einige Päckchen Chips und Gummibärchen dazu. Dafür gehen die Zigaretten aus. Die Werbefrau setzt sich mit 'nem Bier gegenüber hin. Einer von uns flirtet, die andere sagt, wir sollten mal losgehen in die Astro-Bar. Zum Abschied gibt's noch ein paar Gummibärchen. Na denn. Achtung, die Bordsteinkante!

Die Astro-Bar also. Hier gibt's grad kein Fassbier. Ist irgendwas kaputt. Scheißegal. Flaschen-Becks ist genauso gut oder schlecht. Die Astro-Bar kann jetzt echt niemand hier mehr beschreiben. Die muss man selbst gesehen haben. Man müsste mal aufs Klo, aber die Sessel sind sooo tief. Und hier wird nicht nur Alkohol getrunken. Irgendein DJ legt irgendwas auf, irgendein Typ fragt nach langen Papers, bitte. Wenn's nicht Winter wäre, würd's so langsam hell werden da draußen. Draußen? Wo soll das sein? Das bildest Du Dir ein. Nein, Du! Hahaha ... Winter ist voll krass, oder?! Man muss ja nicht draußen sitzen. Hm. Jede Menge prima Absteigen hier. Kann man auch drin sitzen. Klar! Wer geht als nächstes aufs Klo? Liegt da so'n Becks auf'm Weg? Mal schauen. Sag mal ein Resümee! Hm? Sag mal ein Resümehe! Wherever I lay my head, there's my home.