Euro 2000

Keep 'em

»Wenn wir noch einmal Deutschland bekommen, dürfen wir es dann behalten?« fragte Montag letzter Woche das britische Blatt The Sun, nachdem die Fußball-Nationalmannschaften Englands und der BRD innerhalb von 14 Tagen sowohl für die WM-Qualifikation als auch bei der EM der gleichen Gruppe zugelost worden waren.

In Deutschland war man dagegen traditionell weit davon entfernt, das Ganze auch nur ein ganz kleines bisschen entspannt zu sehen. »Eine Hammergruppe!« hatte Chefcoach Erich Ribbeck gleich nach der EM-Auslosung gestöhnt, und die meisten Zeitungen übernahmen diese profunde Analyse denn auch - dabei hätte der Bundestrainer auch dann noch von einer superschweren Gruppe gesprochen und das Lospech beklagt, wenn das deutsche Team mit Liechtenstein, Malta, den Malediven und dem MSV Duisburg in einer Gruppe gelandet wäre.

Deutsche Fußball-Nationalmannschaftstrainer wird nämlich nur, wer einen diesbezüglichen geheimen Passus im Vertrag mit dem DFB unterschreibt und sich zusätzlich dazu bereit erklärt, zwei Wochen vor jeder Gruppenauslosung den Intensivlehrgang »20 Wege, 'eine Hammergruppe' zu sagen, ohne zu lachen« zu besuchen oder gegebenenfalls aufzufrischen.

Nun gut, diesmal war es ein wenig schwieriger, jedenfalls bei der Verlosung der Europameisterschafts-Gruppen. Wer hätte auch ahnen können, dass der traditionelle Angstgegner Albanien nicht dabei sein würde und heimtückisch durch England ersetzt worden war. Erich Ribbeck musste daher vielleicht tatsächlich ein wenig schlucken, aber dann kam ihm die später so vielzitierte Floskel so flüssig über die Lippen, dass sein Lehrgangs-Coach wirklich stolz auf ihn sein konnte. »Ein Hammerlos!« sagte er, fügte sogar den vorschriftsmäßigen Satz hinzu, nach dem es leichte Gegner einfach nicht gibt, und machte sich dann schon einmal daran, seine Endspiel-Formation zu planen.

Vielleicht ein bisschen zu früh. Denn allzu sicher sollte sich der Trainer nicht sein, dass er es mit dieser Mannschaft schafft. Einfallslos zu spielen hat zwar in der Vergangenheit noch nicht allzuoft eine deutsche Nationalmannschaft von Endrundenteilnahmen oder Titelgewinnen abgehalten, aber diesmal könnte es doch noch viel schwieriger werden.

Schließlich wird auch bei diesem Turnier Lothar Matthäus mitspielen - bei der furiosen WM 1998 von der Bild aufgestellt, die diesmal massiv mit an der Kampagne »Lodda darf nicht in die USA wechseln« beteiligt war und ihr Ziel nun schon so gut wie erreicht hat. Also wird der Mann, der schon an einigen bemerkenswerten Niederlagen des DFB-Teams beteiligt war, auch bei der EM dabei sein.

Deutsche Nationalmannschafts-Hasser dürfen sich deswegen schon freuen: Nur noch etwas mehr als 160 Mal wach werden, und dann beginnt der große Euro-Spaß. Denn Lothar Matthäus sieht sich bereits als der kommende Coach der deutschen Elitekicker. DFB-Verantwortliche haben immer wieder betont, wie gut sie sich ihn auf diesem Posten vorstellen könnten, und in der vorigen Woche hat sich sogar schon Ribbeck-Vorgänger Hans-Hubert Vogts in die Ribbeck-Nachfolge eingemischt und erklärt, der Lothar habe auf jeden Fall das Zeug zum Nationaltrainer und werde in diesem Job ganz sicher sehr erfolgreich sein.

Das kann lustig werden: Matthäus spielt für Ribbeck, muss aber darauf hoffen, dass die Mannschaft erfolglos bleibt und ziemlich schnell nach Hause fahren muss, jedenfalls dann, wenn er Wert darauf legt, möglichst schnell Bundestrainer zu werden. Der wird jedoch im Ausscheidensfall darauf verweisen, dass er schon von Anfang an von einer Hammergruppe gesprochen habe undundund.

Klar könnt Ihr's behalten.