Mahler, der Heimatgeber

Immer wieder bemüht sich die Bürgerbewegung Unser Land in Frankfurt/Main um öffentliche Auftritte. Aber für wen?

Es hätte so schön werden können: Im Haus der Heimat (HdH) im Frankfurter Stadtteil Eckenheim hätte am 15. Januar eine Veranstaltung der Bürgerbewegung Unser Land stattfinden sollen. Eingeladen waren Horst Mahler, Peter Dehoust und Heiner Kappel. Dehoust fungiert seit Jahren als Mitherausgeber der rechtsextremen Zeitschrift Nation und Europa. Kappel, ehemaliger Rechtsausleger der FDP aus dem hessischen Bad Soden, ist Gründer und Frontmann des Bundes Freier Bürger (BFB).

Trotz kurzfristiger Mobilisierung fanden sich über 200 Antifas zur Blockade der Unser Land-Veranstaltung ein - und rückten eine Stunde später gut gelaunt und unverrichteter Dinge wieder ab. Was war geschehen? Durch einen Brandanschlag war im Haus der Heimat 100 000 Mark Sachschaden entstanden, die Räume waren verräuchert, die Veranstaltung musste abgesagt werden.

Was ist Unser Land? In erster Linie ein Resonanzboden für Mahler, der seit 1998 in der Jungen Freiheit schreibt und auf der Suche nach Kameradschaftsabenden, Burschen und NPD-Veranstaltungen im vergangenen Jahr durch einige deutsche Großstädte gezogen ist. Wurde er fündig oder zeigten die Medien Interesse, so folgten rasch Reden über jüdische Verschwörungen und deutsche Abwehrstrategien. So entstand in Frankfurt am Main so etwas wie eine politische Struktur unter dem Label Unser Land.

In Frankfurt wurde die selbst ernannte Bürgerbewegung im April 1999 im Umfeld des Ehepaars Paulitsch gegründet. Bei jeder der vier bisher durchgeführten Montagsdemos fanden sich etwa 60 bis 90 Leute aus unterschiedlichen Spektren der extremen Rechten ein. Häufig sind es Anhänger des BFB, der 1997 in der Frankfurter Innenstadt eine Demo mit rund 1 000 Teilnehmern durchgeführt hatte - die größte Veranstaltung rechts von der CDU seit den sechziger Jahren in der Mainmetropole.

Seither haben Kappel und der BFB Niederlage auf Niederlage einstecken müssen, die Partei hat ihre besseren Zeiten eindeutig hinter sich. Nun suchen die Mitglieder eine neue politische Heimat. Aber auch Rechte, die bisher eher den Republikanern oder der NPD zugeneigt waren, fanden sich auf den Montagsdemos ein, darunter Gruppierungen der Jungen Nationaldemokraten aus verschiedenen Regionen Hessens.

Der Veranstaltungsort von BFB und Unser Land, das HdH, dient schon seit längerem als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Teilen der Frankfurter Rechten. Getragen von der Arbeitsgemeinschaft der ostdeutschen Verbände (in der Andreas König von den Republikanern aktiv ist) und finanziert von der Stadt sowie der CDU, ist es die politische Heimat des Bundes der Vertriebenen (BdV) und weiterer Vertriebenenverbände.

Als zentrale Figur ist im Haus der Heimat Erika Steinbach aktiv, eine rechtskonservative CDUlerin aus Frankfurt. Sie ist Präsidentin des BdV, der wiederum auch Republikanern und der Deutschlandbewegung von Alfred Mechtersheimer die Möglichkeit zur Mitarbeit bietet. Eine ähnliche Allianz - von Kappel über die Schülerunion Hochtaunuskreis, den rechten Flügel der CDU (Steinbach, Christlich-Konservatives Deutschlandforum CKDF), Mechtersheimer, Burschenschaften bis hin zu Nazis - hatte sich bereits gegen die Wehrmachtausstellung in Frankfurt/Main 1997 formiert.

Als 1998 im Frankfurter Stadtteil Fechenheim ein Brandanschlag auf ein von Roma bewohntes Haus verübt wurde, äußerte der CDU-Ortsbeirat Wolfgang Bodenstedt Verständnis für die Täter und stellte das Verhalten der Bewohner als Motiv dar. Diese Äußerungen führten nach einiger Zeit tatsächlich zum Rückzug Bodenstedts, für ihn rückte Thilo Stratemann in den Ortsbeirat nach. Stratemann ist ehemaliger Redakteur der Jungen Freiheit (JF) - in Frankfurt organisierte er einen JF-Lesekreis -, er war aktiv im Verein Deutscher Studenten (VDSt) und gilt als Berater des CDU-Landtagsabgeordneten Boris Rhein aus Frankfurt.

Der letzte größere Erfolg bei der Zusammenarbeit von Rechtskonservativen mit Aktivisten der extremen Rechten in Frankfurt ist sicherlich die Unterschriftenkampagne der CDU gegen die doppelte Staatsbürgerschaft im Frühjahr 1999. Einige Nazi-Skins trugen sich begeistert in die Listen der CDU ein.

Im Alltag aber sind in Frankfurt Nazi-Skins selten zu sehen. Zwar hat ihre Präsenz in den Frankfurter und Offenbacher Fußball-Stadien zugenommen, ansonsten aber gibt es kaum öffentliche Auftritte. Die Anzahl von rechtsextremen Anschlägen ist konstant niedrig. NPD und JN sind eher schwach, die meisten Militanten bewegen sich in den lokalen und regionalen Blood & Honour (B & H)-Strukturen. Von dort aus werden auch die einzigen rechtsextremen Publikationen im Frankfurter Raum vertrieben: vier Fanzines für Naziskins.

Die B & H-Sektion Südhessen rekrutiert sich aus Naziskins im Raum Darmstadt, Offenbach und Hanau; ein regionaler Schwerpunkt ist der Offenbacher Stadtteil Bieber, wo sich rund um den früheren Nazi-Plattenladen CD-Room das Fanzine Äbbelwoi Exbress, eine militante Nazi-Hooligan Szene und eine JN-Neugründung gruppieren. Im Offenbacher Fußball-Stadion wurden sogar schon Neonazis in SA-Uniform gesichtet. Lars Schulz, der ehemalige Betreiber des CD-Room - der Laden wurde mittlerweile umbenannt und verkauft nur noch Klamotten -, bemüht sich inzwischen, nicht mehr mit Nazis oder B&H in Verbindung gebracht zu werden.

Die braune Zone zwischen den diversen Neonazi-Strukturen und einer nach rechts ausfransenden CDU hat sich in den letzten Jahren in Frankfurt mindestens konsolidieren, eher sogar noch ausbauen können. Genau an dieser Stelle versucht Mahlers Bürgerbewegung Unser Land immer wieder anzusetzen.