Nazi-Aufmarsch in Berlin

Triumph ohne Trommeln

Nur ihre Trommeln mussten sie zu Hause lassen, ansonsten war es ihr großer Tag: Mehr als 700 Nazis marschierten am Samstag letzter Woche gegen das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin auf. Die Demo war einen Tag zuvor vom Berliner Verwaltungsgericht verboten, am Samstagmorgen dann aber doch erlaubt worden - mit der Auflage, auf den üblichen Paukenmarsch zu verzichten.

Es sollte nicht die einzige Einschränkung bleiben. Andreas Storr von der Berliner NPD wies immer wieder darauf hin, dass nur mit Ordnung und Disziplin ein neues Deutschland aufgebaut werden könne. Und so hieß es gleich von Anfang an: »Kameraden. Ab sofort gilt Alkohol- und Rauchverbot« - Disziplin und Ordnung müssen eben sein. Man will kein Risiko eingehen: Hässlich, wenn Kamerad Meier den Kameraden Müller beim Heben des rechten Armes mit der brennenden Kippe im Gesicht verletzt. Noch hässlicher, wenn die Demo abrupt stehen bleibt, Kamerad Schmidt nicht aufgepasst hat und die Flasche Wacholder in den Hals gerammt bekommt.

Dafür waren viele andere Sachen erlaubt, die man besser verbieten sollte: Karierte Regenschirme zum Beispiel, unter denen sich NPD-Führer Udo Voigt versteckte. Oder das breite Hessisch, mit dem die Frankfurter Vorsitzende der Bürgerbewegung für Unser Land, Anne-Marie Paulitsch, auftrumpfte.

Auch Querfrontstrategien sind mittlerweile bei der Basis angekommen: Neben den bekannten Nazilappen in Schwarz-Weiß-Rot wehte die Schwarze Fahne der »Nationalen Anarchisten« sowie die palästinensische Flagge: Antisemiten aller Länder, vereinigt euch! Gegen das Mahnmal. Und gegen den Völkermord: »USA - Internationale Völkermordzentrale«, der Antiimp-Klassiker hat es nun auch in die Top Ten der Nazi-Lieblingsparolen geschafft.

Ganz oben aber stand »Hopp, hopp, hopp, Mahnmal stopp«. Das JN-Fußvolk brüllte mit, der Hamburger Sturm und die Blood & Honour-Skins. Selbst Christian Worch von der Hamburger Freien Kameradschaft war mit von der Partie. Nur die Antifa stand abseits im Regen.

Die Antifa-Demo »Gegen die antisemitische Normalität« konnte nicht mal 500 Leute mobilisieren. Einige Aktivisten waren wohl zur verbotenen NPD-Demo nach Göttingen gereist. Andere fuhren lieber zur Anti-Räumungsdemo nach Amsterdam, um dort Häuserkampf zu spielen. Auch die Zeitungsmeldungen über das Demo-Verbot dürften zur geringen Mobilisierung beigetragen haben.

Die beiden Gegenkundgebungen entlang der Nazi-Route gaben ebenfalls kein gutes Bild ab. Dort waren es, großzügig geschätzt, rund 200 Leute, die trotz des Regens aus dem Bett gekommen waren. Alle Versuche, an die Nazi-Demo heranzukommen, scheiterten an den Polizeiketten. Die Polizei hatte aber noch mehr zu bieten: An der Ecke Wilhelm-/ Behrenstraße klaute sie kurzerhand den Antifa-Lautsprecherwagen. Samt Insassen.