Die Geschäfte der CSU

Besser als Bimbes

Im Gegensatz zur CDU muss die bayerische Schwester nicht von der Wirtschaft gekauft werden, da die CSU von ihren Förderern kaum zu unterscheiden ist. Wenn doch mal Geld fließt, dann zum Privat- und nicht zum Parteigewinn.

Der großen Schwester CDU wollte Edmund Stoiber keine Tipps geben: »Ich kann auch gar nicht helfen, denn bei der CSU gibt es keine Konten, die außerhalb der Rechenschaftsberichte gelaufen sind.« Die weißhaarige Unschuld erwähnte im vergangenen Dezember natürlich nicht, dass Karlheinz Schreiber sich vor allem durch seine CSU-Kontakte vom Teppichhändler zum Waffendealer hocharbeiten konnte - und dass eine der zentralen Figuren im Panzerdeal mit Saudi-Arabien der CSU-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Holger Pfahls, war.

Recht hat Stoiber dennoch: In Bayern gibt es abgefeimtere Methoden als Bimbes, um sich den Staat gefügig zu machen. Mit Hilfe von Staatsbeteiligungen und öffentlichen Unternehmen werden CSU-Veteranen mit Geld und Posten versorgt, politisch gewünschte Vorhaben und Firmen gefördert. 68 Beteiligungen umfasst allein das Firmenimperium des Landes: 50 Prozent an der Bayerischen Landesbank und 26 Prozent an der Luitpoldhütte; darüber hinaus Anteile an einigen Kurbädern, der Süddeutschen Klassenlotterie, an Flughäfen, Messen und der Viag. Das Beziehungsgeflecht ist so eng, dass Geldkoffer größtenteils unnötig sind, um Politik zu kaufen.

Öffentlich wird dies, wenn's mal schief geht. So Ende vergangenen Jahres, als der Oberste Rechnungshof (ORH) die Praktiken der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) rügte. Die staatliche Wohnungsfirma hatte in wenigen Jahren ein Minus von 400 Millionen Mark angehäuft.

Am selben Tag, als Helmut Kohl die Existenz schwarzer Konten eingestand, trat in München der LWS-Untersuchungsausschuss des Landtags zusammen. Er prüft seitdem, wie es 1990 zu der Entscheidung kam, in Ostdeutschland als Bauträger aufzutreten - und riesige Verluste einzufahren. Der ORH kritisiert, dass es problematisch sei, »Spitzenbeamte ohne fachspezifische Kenntnis in staatlich beherrschten Unternehmen unterzubringen«.

Im Vorstand der Landesbank sitzen die Ex-Staatskanzleichefs Klaus Rauscher und Rudolf Hanisch. Präsident der Landeszentralbank ist der Ex-Steuerabteilungsleiter des Finanzministeriums, Franz-Christoph Zeitler. Bei der Viag genießt der Ex-Finanzminister von Waldenfels seinen Lebensabend, Geschäftsführer des FilmFernsehFonds ist Ex-Staatssekretär Herbert Huber, Vorstandsmitglied der Bayernwerk-Tochter Contigas der Intimus von Ex-Finanzminister Gerold Tandler, Gerald Grießel. Und so weiter.

Ein Beispiel, wie Geschäfte im System CSU laufen, bot die LWS bereits 1996: Sie wollte einen Büro- und Wohnungskomplex in Chemnitz an die Kölner Colonia Versicherung verkaufen. Die Herren vom Rhein reisten zur Vertragsunterschrift an - und bald wieder ab. Denn das Objekt wurde zu extrem attraktiven Konditionen an Maro Ohoven verkauft. Der ist Mandant des Rechtsanwalts Peter Gauweiler (CSU) und war bis 1990 selbst Aufsichtsratsvorsitzender der LWS. Die LWS garantierte ihm bis 2016 Mieteinnahmen von bis zu 30 Mark je Quadratmeter. 1998 konnten kaum zehn Mark erzielt werden - die Differenz zahlt die LWS.

Für den jüngsten Skandal sorgte die bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA). 80 Millionen Mark wurden durch Rentenpapier-Spekulation in den Sand gesetzt. Das ORH kam zu dem Schluss, »dass letztlich jedes Unternehmen mit irgendeinem Bezug zu Bayern Kapitalmarktdarlehen der LfA in Anspruch nehmen kann«.

Merkwürdig, aber nicht überraschend ist auch die Personalstruktur der Förderer: 91 Führungskräfte mit Führungsgehältern wachen über 216 Mitarbeiter. In zehn der 69 Referate gibt es nicht einen einzigen Sachbearbeiter.

In diesem System der christsozialen Staatswirtschaft ist Karlheinz Schreiber groß geworden - und kam auch an Edmund Stoiber nicht vorbei. Vom einfachen Abgeordneten zum Syndikus der Lottoannahmestellen, Leiter der bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister schaffte es der von CSU-Kollegen als »Machtschattengewächs« titulierte Stoiber. 1983, als er Leiter der Staatskanzlei war, bekam Schreiber aus diesem Hause eine Empfehlung für den BND, berichtete der Spiegel.

Stoiber ist zwar durch den Amigo-Staat groß geworden, musste sich aber seit 1993 als sauberer Ministerpräsident profilieren. Der gejagte Schreiber nannte Stoiber Anfang des Jahres schlicht »Arschloch«. Denn: »Der Strauß hätte das ausgetreten.«

Vielleicht hat Schreiber nichts gegen Stoiber in der Hand, aber wer wie er aus dem CSU-System verstoßen wird, kann diesem gefährlich werden. Vor allem die Tagebücher Schreibers, die derzeit der Augsburger Staatsanwaltschaft vorliegen und in denen Treffen mit zwei Ministern aus Stoibers Kabinett verzeichnet sind, könnten noch für Ärger sorgen.

Für den Kreisverband von Wirtschaftsminister Otto Wiesheu hatte Schreiber 1993 und 1994 ein paar Tausend Mark Spenden und eine Bitte übrig: Er sollte doch dem Präsidenten der Firma Thompson CSF einen Termin beim österreichischen Kollegen Wolfgang Schüssel (ÖVP) verschaffen. Damals drohte Thompson, bei einer Radar-Ausschreibung des Alpenstaates auszuscheiden - und wurde dann doch Sieger.

Einige Monate darauf wurde durch eine Selbstanzeige bekannt, dass Thompson einem SPÖ-Wehrexperten für die Zustimmung zum Thompson-Angebot 3,15 Millionen Mark geboten hatte. War Schüssel über bayerische Kontakte Ähnliches zugute gekommen?

Stoibers zweite lädierte Ministerin ist Monika Hohlmeier, seit 1993 Kultusministerin. Die Strauß-Tochter bildet mit ihren Brüdern Max und Franz Georg Strauß die FJS-Erbengemeinschaft, war zumindest bis Anfang 1999 unter anderen an den kanadischen Firmen F.M.S. (Franz Josef und Marianne Strauß) und B.L.A. beteiligt. Direktor der Unternehmen war ein Freund der Familie - Karlheinz Schreiber. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatten die beiden lukrative Beraterverträge mit dem Airbus-Konzern geschlossen - bei denen unversteuerte Provisionen flossen.

Auch eine weitere CSU-Koryphäe soll laut Augsburger Staatsanwaltschaft beim Panzer-Deal, mit dem alles begann, von Schreiber eine halbe Million abkassiert haben: Erich Riedl (66), einstiger Parlamentarischer Staatssekretär der CSU im Bundeswirtschaftsministerium. Dessen Ehefrau Gertrud schilderte genüsslich der Staatsanwaltschaft einen Besuch von Max Strauß, den dieser bestreitet. Er sei nachts aufgekreuzt und habe gepoltert: »Ihr habt doch auch 500 000 Mark von Thyssen bekommen. Beseitigt das alles. Das muss alles weg.« Die Schweizer Konten - die laut Riedl natürlich Strauß' Phantasie entsprangen - sollten »beseitigt« werden.

Schweizer Konten, Beseitigungen, konspirative Besuche - eigentlich fehlen nur die Koffer, und die CSU wäre nicht von ihrer großen Schwester zu unterscheiden. Fast nicht: Bei der CDU floss Schreibergeld auf schwarze Parteikonten - das heißt, die Politik war käuflich. Bei der CSU hingegen wurden die Gewinne größtenteils privat verbucht - wenn es hier etwas zu kaufen gab, dann Politiker.

Auch die 143 000 Mark, die Schreiber der CSU regulär spendete, hat die CSU ordentlich verrechnet. Anfang Dezember dann startete Schatzmeister Adolf Dinglreiter erneut eine Sammelaktion. Ehemalige Spender wurden angeschrieben und um Spenden gebeten. Unter ihnen gleich zweimal ein Karlheinz Schreiber aus Kaufering. Aus Kanada schrieb der zurück: »Wie viel soll es sein?« Was Dinglreiter dann doch peinlich war: »Ein Versehen des Computers.«