BMW verärgert die Briten

Bavarian Motor Wars

Die rheinische Variante des Kapitalismus ist nicht überall beliebt. In Großbritannien ist zur Zeit weniger die Rede von in Deutschland gepriesenen Tugenden wie Kooperation und Sozialpartnerschaft. Eher tendieren die Meinungen in Richtung »Lügner« und »unfähig«.

Nach der Entscheidung des BMW-Konzerns, den britischen Autobauer Rover an die Finanzfirma Alchemy Partners zu verkaufen, ist das verständlich. Das Konzept von Alchemy, Rover zum Sportwagenproduzenten MG umzubauen, ist fast mit Sicherheit zum Scheitern verdammt. Selbst für den unwahrscheinlichen Erfolgsfall hat Alchemy schon angekündigt, den größten Teil der Produktion einzustampfen. Das eigentliche Ziel der Firma, so vermuten viele, ist es, Rover auszunehmen und die verbleibenden Teile gewinnbringend zu verkaufen. Natürlich nur soweit BMW das nicht schon vorweggenommen hat.

Denn das Münchener Unternehmen, das zunächst angekündigt hatte, den britischen Autobauer wieder zu einem bedeutenden Unternehmen zu machen und die Kfz-Produktion zu retten, wird nicht viel übrig lassen von Rover. Nachdem man der Regierung Subventionen abgezwungen, die Löhne gekürzt, zahlreiche Arbeiter entlassen und die restlichen zu mehr Flexibilität gezwungen hat, folgt nun ein klassischer Abgang: Die unrentable Hauptkomponente geht an den Meistbietenden Alchemy, und Ford verleibt sich den gewinnträchtigen Landrover ein. BMW behält einzig das Sahnestück, den Mini.

Hatten sich deutsche Gewerkschaften noch bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone bemüht, die nationale mit der sozialen Schicksalsgemeinschaft zu verschmelzen und ihren Widerstand damit begründet, dass deutsche Unternehmen irgendwie die sozialeren seien, gilt Solidarität jetzt nur noch strikt national. Bei deutschen Gewerkschaftern im Aufsichtsrat und im Betriebsrat von BMW herrscht vor allem Verbundenheit mit der Geschäftsführung: Der Anstieg des Pfund, gab etwa Manfred Schoch, Chef des Gesamtbetriebsrats und Mitglied des Aufsichtsrates, zu bedenken, habe dazu geführt, dass »der gesamte BMW-Konzern in Gefahr geraten wäre, wenn jetzt nicht gehandelt worden wäre«. Im Krisenfall zählt nationale Gemeinschaft eben immer noch mehr als soziale, und der Unternehmer wird schon das Richtige tun, wenn er nur ein Deutscher ist.

Seltsam klingt freilich auch der laute Protest einiger der beteiligten britischen Parteien und nicht zuletzt der Londoner Regierung. Predigt New Labour nicht seit Jahren Privatisierung und Deregulierung? Wie anders kann man das Verhalten von BMW beschreiben, über das nach den Worten von Regierungssprecher Alastair Campbell »die Leute sehr verärgert« sind? Einem Boykottaufruf der Amalgamated Engineering and Electricians Union - »Man muss BMW da treffen, wo es ihnen weh tut: beim Profit« - wollte sich Campbell aber dann doch nicht anschließen. Immerhin ergab eine nicht repräsentative Jungle-World-Umfrage große Zustimmung zu dem Käuferstreik. Neben dem Massenblatt Sun haben sich auch einige Parlamentarier dieser Forderung angeschlossen.

Sicherlich spricht es von verzweifelter Hoffnung, wenn man ausgerechnet auf BMW-Fahrer als Träger sozialen Protestes setzt. Trotzdem hat der deutsche Staat bereits neben BMW Stellung bezogen. Der Londoner Botschafter Dr. Hans Friedrich von Plötz drohte, Großbritannien könne der EU-Geldhahn abgedreht werden, wenn das Versagen von BMW zu »einem politischen Konflikt eskaliert«.