Garret Williams' »Spark«

Wild West

Die winkenden Eltern zeichnen sich unscharf hinter der Heckscheibe ab. Auch der anschließende Shot durch das Seitenfenster fängt die vorbeiziehende Außenwelt nur als verwischte Farbflecken ein. Der BMW wird schneller, die Musik lauter - der Beginn eines Roadmovie. »Spark«, der erste Spielfilm von Garret Williams, erzählt davon, wie ein junges Paar sich seine Welt zusammenbastelt, in fataler Verkennung der Realitäten.

Nina (Nicole Ari Parker) will in L.A. studieren, Freund Byron (Terrence Howard) fährt sie hin. Hinausgezögerter Abschied, traurige Aggressivität: Beide sind hilflos, genervt. Erst überfahren sie einen Hund, dann verreckt der BMW mitten im wilden Westen. Mooney (Brendan Sexton III), der Junge aus dem nächsten Wüstenkaff, dem sie nicht mehr entfliehen werden, sammelt sie von der Landstraße auf und schleppt sie ab. Zurück in die Zivilisation, die aus durchgeknallten, ungewaschenen Dörflern besteht. Die Außenwelt nimmt Konturen an, unschöne. Nina und Byron sind die einzigen Schwarzen hier. Anstatt mit dem nächsten Bus abzuhauen, wollen sie erstmal das Auto reparieren lassen. Dass es keine gute Idee ist, im Nowhere debiler Dörflichkeit, mit allen rassistischen Begleiterscheinungen und dem Hang zur Selbstjustiz, ausgeliefert zu sein, ahnen auch sie - irgendwie.

Williams führt mit diesem Film das Scheitern bürgerlicher Weltbewältigungsstrategien vor: Mit Langeweile durchsetzte weibliche Höflichkeit als Bollwerk gegen offene verbale Gewalt, hilflose Ignoranz, die ins Nörgelige kippt. Und bei Byron gibt es die ziellose Rebellion gegenüber dem aggressiven Elend einer unverständlichen Welt. Hinzu kommt die fatale Hoffnung, dass die Zugehörigkeit zur bürgerlichen Klasse vor Übergriffen des Pöbels schütze: Noch haben wir die Credit Card.

Dass Rassismus bürgerliche Insignien wie schickes Auto, halbwegs beherrschte Grammatik oder gedeckte Kreditkarte jederzeit für irrelevant erklären kann, ist einer der Inhalte des Films. Und dass die Weigerung, sich dieser zerstörerischen Einsicht zu stellen, fatale Folgen hat. Der Film bleibt differenziert: Die Dorfbewohner sind gestaffelt unsympathisch, und Nina und Byron haben durchaus unterschiedliche Probleme und Ziele. Byron performt den Jungmacho, teils niedlich, teils ärgerlich, und ist gegen die Dorfbewohner präventiv aggressiv. Dies führt zu Allianzen zwischen ihm und Mooney: Jungssolidarität. Keine Kommunikation, aber die Codes funktionieren, bis der Rassismus sie wieder aushebelt.

In einer der besten Szenen suchen die beiden auf einem Schrottplatz nach Ersatzteilen. Die es nicht gibt, denn BMW fährt man in dieser Gegend nicht. Als Mooney unvermittelt mit einer Eisenstange auf ein Autowrack einzudreschen beginnt, findet Byron dies zunächst befremdlich: Aber, Gott, was soll man hier sonst tun, als saufen und Junge sein, um Mann zu spielen? Ergebnis: Zwei Jungs in der Wüste schlagen wie doof auf umherstehende Autowracks ein, Schnaps kreist. Plötzlich zielt Mooney mit einer Pistole auf Byron, der aufschreckt und zurück möchte. Der Kleine aber genießt den dreifachen Sieg über den Großen, den Städter, den Schwarzen und beschließt, mit ihm noch mehrere Runden mit Vollgas und quietschenden Reifen zu drehen. Was nicht zu hören ist, denn auf der Tonspur läuft Musik. Jungsphantasmen - und wiederum bekanntes Terrain: Byron entspannt sich, der Zuschauer blickt auf begeistert aufgerissene Münder.

Dieses beständige Hin- und Herkippen zwischen Arglosigkeit, verschrobenem Nett-Sein-Wollen und offener Feindseligkeit macht die Spannung des Films aus. Gnadenlos wird Mooney die von Byron und Nina verdrängte Gewissheit, dass Schwarze nicht nur in diesem Dorf Freiwild sind, für seine Zwecke ausnutzen.

»Spark«, USA 1998. R: Garret Williams, D.: Terrence Howard, Nicole Ario Parker, Brendan Sexton III. Start: 20. April