Landbesetzungen in Zimbabwe

Hitler On The Farm

Das wirtschaftliche Establishment Zimbabwes sucht neue Partner. Die Staatspartei setzt auf Repression.

Der sonst so kämpferische Chenjerai Hunzvi gab sich zahm. Als der Führer der Bürgerkriegsveteranen Zimbabwes am Freitag letzter Woche die Beendigung der Gewalt gegen Großfarmer forderte, faltete er die Hände wie zum Gebet. »Wir, die Zimbabwer - und da schließe ich die Weißen ein -, wollen friedlich zusammen leben«, so Hunzvi, der sich gern als Napoleon Bonaparte, Che Guevara oder Adolf Hitler stilisiert. Damit will er ausdrücken, dass er nicht zu stoppen ist.

Ein »friedliches Zusammenleben« setzt allerdings - vor den für Mitte Mai geplanten Parlamentswahlen - die Loyalität zur Staatspartei Zanu PF voraus. Zwölf Oppositionelle wurden bisher im Wahlkampf umgebracht, demütig distanzierten sich danach, wie die regierungstreue Tageszeitung Herald berichtete, 250 Großgrundbesitzer und Farmarbeiter öffentlich von der Oppositionspartei Movement for Democratic Change (MDC). Auch die von Besetzern getöteten Farmer waren nach Angaben des Londoner Guardian Mitglieder der sozialdemokratischen MDC.

So richtet sich denn auch die Änderung des Polizeigesetzes Ende vergangener Woche, das die Versammlungsfreiheit stark einschränkt, vor allem gegen die Anfang des Jahres gegründete MDC von Morgan Tsvangirai. Der ehemalige Gewerkschaftsführer macht sich keine Illusionen über die kommenden Wochen: »Wir glauben, dass die Gewalt gegen unsere Unterstützer vor den Wahlen nicht abnehmen wird«, wird Tsvangirai im Guardian zitiert.

Bisher brauchte sich die Zanu PF, die im Parlament 147 von 150 Abgeordneten stellt, um die zerstrittene Opposition keine Sorgen zu machen. Gefährlich ist für die Machthaber eine Opposition, die den wirtschaftlichen Eliten des Landes als verlässlicher Partner gilt. Seitdem sich die gewerkschaftliche Opposition von einer radikalen Kritik der Strukturanpassung verabschiedet hat, könnte dieser Partner die MDC sein, die auch international anerkannt wird.

Die ersten versöhnlichen Worte von Hunzvi nach dem Beginn der Landbesetzungen vor sechs Wochen fielen nicht zufällig einen Tag nach dem Treffen dreier Zimbabwischer Minister mit dem britischen Außenminister Robin Cook in London. Der forderte ein Ende der Okkupationen und stellte für diesen Fall 36 Millionen Britische Pfund in Aussicht. Sollten die Bestzungen weiter gehen, werde Großbritannien Truppen schicken, um den Abzug von Zivilisten zu sichern.

In Berlin bemühte sich zur gleichen Zeit Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, um die Schärfung des afrikapolitischen Profils Deutschlands. Auf dem African Business Forum in Berlin stellte sie den Ausschluss Zimbabwes aus dem Lomé-Abkommen zur Debatte, falls sich die politische Situation im Lande nicht stabilisieren sollte. Deutsche Soldaten sollen aber vorerst nicht zum Einsatz kommen.

Auch Ian Smith, Premierminister Rhodesiens zwischen 1964 und 1978, meldete sich zurück. Der unverbesserliche Rassist sagte der Washington Post: »Ich bedaure nichts. Warum sollte ich? Wir haben die Kommunisten davon abhalten können, das südliche Afrika Kreml-rot zu färben, das hat der Westen nie zu würdigen gewusst.«

Die Besetzung von rund 1 000 Farmen weißer Grundbesitzer durch Landlose und Jugendliche unter der Führung von ehemaligen Befreiungskämpfern - von Teilen der Zanu PF-Führung ermuntert und unterstützt - war die Folge der Ablehnung einer Verfassungsvorlage Mitte Februar. Die neue Verfassung hätte die entschädigungslose Enteignung von Großfarmern ermöglicht.

Ungeachtet der Niederlage im Referendum billigte die Mehrheit des Parlaments die Änderung der bisher gültigen Konstitution kurz vor seiner planmäßigen Auflösung durch Präsident Robert Mugabe. Ansprüche auf Entschädigung für enteigneten Landbesitz werden darin an Großbritannien verwiesen. Diese Entscheidung bewegte die Landbesetzer ebenso wenig wie ein Gerichtsentscheid, die Farmen zu verlassen.

Auch 20 Jahre nach dem Lancaster-House-Abkommen von 1980, das die Bedingungen für den Übergang vom rassistischen Siedlerregime Ian Smith' zur Mehrheitsregierung der ehemaligen Befreiungsbewegung Zanu vorgab, hat sich an der ungleichen Landverteilung wenig geändert: 4 500 weiße Großfarmer bewirtschaften den fruchtbaren Boden im Norden und Osten des Landes und produzieren rund 80 Prozent der Agrar-Produkte Zimbabwes. Umfassende Enteignungen waren am Widerstand der internationalen Kreditgeber gescheitert, allen voran die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien, die sich weigerte, Devisen für Entschädigungen bereitzustellen. Kleinere Umverteilungen dienten überwiegend dem Patronagesystem der Zanu PF.

In der relativ gut entwickelten Industrie des Landes blieb ebenso wie in der Landwirtschaft nach dem Übergang zur Mehrheitsregierung vieles beim Alten. Ungeachtet der sozialistischen Rhetorik der Zanu beschränkten sich Verstaatlichungen auf die Medien, die Vermarktung von Bergbau- und Grundnahrungsmitteln sowie einige Geschäftsbanken. Ihrer wirtschaftlichen Bedeutung entsprechend sicherte sich das koloniale Establishment auch nach der Unabhängigkeit einen hohen Einfluss auf die Politik des Landes. Interessengruppen der Industrie, der Landwirtschaft und des Bergbaus wurden in zentrale ökonomische Entscheidungen eingebunden und bereiteten den Boden für die Einführung eines IWF-Strukturanpassungsprogramms nach 1990.

Die Verschärfung der sozialen Gegensätze durch den Abbau von Subventionen für Grundnahrungsmittel, die Kürzungen im Gesundheits- und Bildungssektor und die Entlassungen im öffentlichen Dienst erhöhten in den neunziger Jahren den innenpolitischen Druck. 70 Prozent der Bevölkerung Zimbabwes leben seither unter dem offiziellen Existenzminimum. Die Wut der Marginalisierten in den Slums von Harare entlud sich wiederholt in Food Riots - als Reaktion auf Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Kraftstoffen.

Was die »ethische Außenpolitik«, von der die USA, Großbritannien und die EU mit Blick auf Zimbabwe reden, bedeutet, hat der Mail&Guardian aus Johannesburg an einem Beispiel vom Anfang dieses Jahres aufgezeigt. Auf Druck der Rüstungswirtschaft stimmte das britische Kabinett der Lieferung von Ersatzteilen für die Luftwaffe Zimbabwes zu, die einen Teil ihrer Bomber vom Typ Hawks zum Beistand für das Kabila-Regime in Kongo-Kinshasa einsetzt - obwohl das militärische Engagement international scharf kritisiert worden war und hatte zum Einfrieren von Krediten der internationalen Finanzorganisationen geführt hatte.