Alternative Lebensformen

Der Nicht-Standort

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Schlemmen, Showbusiness, Stars - Hollywood in Berlin. Nicht nur Kinos und Videotheken der Hauptstadt wollte die Filmfabrik aus Los Angeles erobern. Wenn Sie sich an so manchem filmischen Meisterwerk erfreut haben, kennen Sie das ja schon: Packen die bekanntesten Unterhaltungsexperten weltweit erst mal eine Sache an, dann machen sie es richtig. Oder sie lassen es eben ganz einfach bleiben.

Anders würde sich das auf der Leinwand auch nicht besonders gut machen. Schlecht realisierte Actionszenen, vernuschelte Dialoge, gezwungene Witzigkeit und politische Unbedarftheit sind das Schlimmste, was einem widerfahren kann. Wenn Sie sich jemals ein deutsches Filmprodukt angetan haben, kennen Sie das ja auch schon.

Hollywood in Berlin ganz ohne Kino - dafür mussten Sie bisher in die Mohren-straße gehen. Dort, zwischen der Fried-richstraße und dem Gendarmenmarkt, hatte sich zwar nicht Hollywood, wohl aber die Restaurantkette einiger seiner bekanntesten - nicht zu verwechseln mit beliebtesten oder begabtesten - Vertreter niedergelassen: das Planet Hollywood. Und hier, ganz dicht an der teuersten Einkaufsmeile der Hauptstadt, gab es bisher alles mehr oder weniger Schmackhafte, was die 1991 von Schauspiel-Stars gegründete Kette rund um die Welt so anbietet.

Ja, Sie haben richtig gelesen: »gab«. Denn der Laden ist nun dicht, geschlossen, nicht mehr existent. Sie werden also in der Berliner Mitte nicht mehr am eigenen Leib erfahren können, was eine Kombination aus Hollywood und Restaurant so zu bieten hat.

Wahrscheinlich aber hat Sie das auch schon vorher nicht interessiert. Weil ja erstens die Friedrichstraße ein Edelkilometer ist, in dessen Nähe man vorsichtshalber nicht vordringt, und weil es zweitens eigentlich die meisten Berliner nicht interessiert. Glauben Sie jetzt aber ja nicht, dass Sie damit die Schließung der Filiale mitverantwortet hätten. Mit dem Desinteresse der Einheimischen, die offenbar außer Stande sind, mit US-Nahrungsmitteln etwas anderes als McDonald's, Burger King und Mikrowellen-Kost zu assoziieren, hatten die Hollywood-Köche ja sogar gerechnet und hauptsächlich auf touristische Besucher gesetzt. Das war in etwa so nahe liegend wie der Checkpoint Charlie.

Die Schauspiel-Stars aber hatten einen Fehler begangen. Gut, sicher sogar mehr als einen Fehler, aber nur einen, der für den jetzigen Nicht-Standort Berlin entscheidend war: Sie überschätzten die Stadt. Die vor knapp vier Jahren eröffnete Zweigstelle wurde genauso dimensioniert wie die Filialen in Paris und London. Und war damit einfach viel zu groß. Im Gegensatz zu den europäischen Metropolen ist Berlin eben keine Reise wert - zumindest für die meisten Leute nicht. Die so sehnlich erhofften Touristenströme lassen auf sich warten.

Berlin ist nicht Hollywood, sondern nur irgendeine beschissene deutsche Stadt, die krampfhaft versucht, attraktiv zu sein. Und mit Sicherheit noch etwas von den VIPs aus Los Angeles lernen kann: zum Beispiel dass man etwas lieber lässt, wenn man es nicht hinkriegt.