Kosovo für Milosevic

Allein unter Albanern

Soll das der Dank sein? Die Nato-Staatschefs jedenfalls werden alles andere als begeistert sein über die verbalen Querschläge ihrer Schützlinge im Kosovo. 78 Tage aktiver Luftkrieg, über 500 Tage augenzwinkenderne Kumpanei bei der ethnischen Säuberung des Uno-Protektorats - und trotzdem haben die Führer der Kosovo-Albaner von der westlichen Jugoslawien-Politik die Nase derzeit gestrichen voll. Sollten EU und USA weiter auf den Milosevic-Herausforder Kostunica setzen, drohe dem Land Fürchterliches, warnt etwa Naim Maloku, Chef der Liberalen Zentrumspartei des Kosovo: »Serbien wird einen Führer haben, der die Uniform serbischer Paramilitärs getragen hat und aktiv am Krieg gegen Zivilisten im Kosovo beteiligt war.«

Dabei sind die zivilen wie die bewaffneten Nachfolger der Kosovo-Befreiungsarmee UCK inzwischen fast allein im Süden Serbiens. Die Absetzung von Milosevics Verwaltern und Polizisten nach dem Einmarsch der Kfor-Truppen machte den völkischen Kahlschlag möglich, den viele in der Provinz jetzt durch einen neuen jugoslawischen Präsidenten gefährdet sehen. Denn auf einmal scheint die sukzessive Sezession des Kosovo, die durch die Etablierung der Uno-Strukturen so weit gediehen schien, bedroht. Nichts wünscht man sich deshalb sehnlicher als auf ewig Milosevic in seinem Sessel in Belgrad sitzen zu sehen - und damit die Garantie, dass die Provinz nie wieder an Serbien fällt. »Wenn die Opposition gewinnt, gibt es eben eine noch radikalere Politik gegen Albaner auf dem Balkan«, beschwört Maloku den Westen, dem drohenden Übel Kostunica Einhalt zu gebieten.

Verkehrte Welt im Kosovo. Rund 15 Monate nach dem Einzug der westlichen Truppen ist nicht mehr Milosevic der Lieblingsfeind der Ex-UCKler, sondern William Clinton. Oder gleich die ganze Bagage von Brüssel bis Berlin, die partout darauf beharrt, dass Milosevics Herausforderer der neue, legitime Amtsinhaber in Belgrad sei. Flöten gehen würden dann nicht nur Millionen von Dollar an Hilfsgeldern, die bislang in die Provinz flossen, so das Kalkül der Kosovo-Kameraden. Auch der formidable Status, den Uno und Kfor den Kosovo-Albanern beschert haben, wäre gefährdet: Weitaus besser gestellt als von der Uno-Resolution 1 122 verlangt, die nach dem Krieg 1999 eine weitgehende Autonomie der Provinz innerhalb Serbiens festschrieb, könnte der Westen den serbischen Anspruch auf das Kosovo unter Kostunica tatsächlich durchsetzen helfen.

Davon wollen alle, die die Nato dereinst riefen, jetzt nichts mehr wissen. Sollte Milosevic abgewählt werden, rechne er mit einem »neuen Krieg«, droht schon Hashim Thaqi, der im vergangenen Frühjahr zeigte, wie man Regierungen und Medien weltweit geschlossen hinter sich bringt. Von der alten Taktik hat auch er genug: Rund drei Wochen vor den von der Uno abgehaltenen Wahlen in dem Protektorat hält er der Nato vor, dass Kostunica serbische Sicherheitskräfte zurück in das Kosovo bringen werde. Allein deshalb sei die westliche Unterstützung für den Mann, der während des Krieges mit der Kalaschnikow in der umkämpften Provinz seinen Auftritt feierte, fatal. Milosevic sei der Garant für den Frieden.

Wie weit die Beweihräucherung des einstigen Todfeindes in den völkisch kontaminierten Köpfen gehen kann, machte schließlich der Generalsekretär von Thaqis Demokratischer Partei des Kosovo deutlich: »Ein Sieg Milosevics würde uns in eine bessere Position bringen, denn die Verbrechen, die er begangen hat, sind in der gesamten Welt bekannt.« Massenmord als PR-Schlager: Was Milosevic kann, können die Ex-UCKler schon lange. Nur unabhängig werden sie ohne ihn nicht mehr.