Sport und Musik

Taataataataataaata

Sport hat viel mit Psychologie zu tun. Das weiß auch der russische Präsident Wladimir Putin. Denn seine Entscheidung, die alte Sowjethymne wieder als Nationalhymne einzuführen, hat sicher mehr mit mieser Medaillenausbeute und katastrophalen Fußballergebnissen als mit ausgeprägter Nostalgie zu tun.

Mit der von Jelzin 1993 gegen den Widerstand der Duma zur russischen Hymne beförderten Melodie von Michael Glinka (unter anderem Schöpfer der Oper »Ein Leben für den Zaren«) hatte das russische Sportelend erst angefangen. 1988 bei der Fußballeuropameisterschaft noch Vizemeister und 1990 immerhin für die WM qualifiziert, hatte die Nationalmannschaft seither keinerlei Erfolge mehr verzeichnen können. Im Eishockey klappte es auch nicht mehr so recht, von den Sommersportarten ganz zu schweigen.

Was auch kein Wunder ist, schließlich müsste man lange suchen, bis man einen ähnlich lahmarschigen, anödenden und demotivierenden Song gefunden hätte wie dieses Werk Glinkas - selbst die traditionelle Verliererhymne, Becks »Loser«, versprüht dagegen ausuferndes Selbstvertrauen und absoluten Optimismus.

So war es denn auch nicht verwunderlich, dass sich die russischen Sportler bei internationalen Wettkämpfen kaum anstrengten. Wozu auch? Um schließlich auf dem obersten Podest zu stehen und sich diese nur extreme Luschigkeit transportierenden Töne anhören zu müssen? Die überdies das Publikum derart lähmen würden, dass es sich nicht einmal mehr zu Höflichkeitsapplaus hinreißen ließe, sondern einfach nur paralysiert auf den Schalensitzen hockte?

Angesichts solcher Aussichten auf die vielleicht ausschlaggebende Extra-Trainingsrunde einfach verzichtet zu haben, kann man den Sportlern nicht übel nehmen. Zumal sie damit dem Fernsehpublikum ja auch die stets nervende Suche nach der Fernbedienung erspart haben.

Nun aber wird alles anders. Taataataataataaata, die Siegerhymne ist wieder da. Dass ein Duma-Ausschuss den stalinverherrlichenden Text erst ändern muss und sie daher bis auf weiteres nur in der Instrumentalfassung gespielt werden kann - geschenkt. Schließlich käme kein Mensch, der noch alles beisammen hat, darauf, eine Hymne mitzusingen. Zudem ist die von Alexander Alexandrow komponierte Melodie extrem summfreundlich.

Nun wird im Sport wieder alles fast so sein wie früher. Jahrezehntelang waren die meisten Sportarten mit bestimmten Melodien verbunden. Nach Schwimmwettbewerben für Frauen erklang meist die Nationalhymne der DDR. In Leichtathletikstadien wurde häufig die US-amerikanische Hymne gespielt. Bei fast allen anderen Wettbewerben intonierte man die Sowjethymne. Nur für die Reiter, die Kanuten und die Bobfahrer spielte man meistens die BRD-Hymne. Aber das war egal, weil sich sowieso kaum jemand solche Schwachsinnssportarten, geschweige deren Siegerehrungen, ansehen wollte.

Mit der alten, schwungvollen, extrem aufmunternden Hymne wird sich der russische Sport ganz sicher in Rekordzeit erholen. Die Fußballweltmeister 2002, die Fußballeuropameister 2004 und mit etwas Glück auch die Olympiasieger im Dressurreiten, Kanu- und Bobfahren stehen eigentlich schon fest.