Alternative Lebensformen

Bonner Wegweiser

Sie bemüht sich krampfhaft, die deutsche Hauptstadt: Berlin möchte so gerne mit bedeutenden europäischen Metropolen gleichziehen. Eine Höchstleistung nach der anderen soll vollbracht werden. Das jüngste Vorbild: Bonn.

Gut, nun wird kaum jemand Bonn als Metropole bezeichnen. Die meisten werden noch nicht einmal wissen, was das überhaupt sein soll: Bonn? Egal, den Berlinern gereicht es als Maßstab. Dabei haben sie sich wohl selbst mal wieder überschätzt. Wenn die Bonner es schaffen, die gesamte Bundesverwaltung in die Hauptstadt zu transferieren, dann möchten die Berliner dem nicht nachstehen. Seit dem 1. Januar hat Berlin nur noch zwölf Bezirke, vorher waren es 23. Und das bedeutet: Es gibt nur noch zwölf Bezirksämter, zwölf Bezirksbürgermeister, die gesamte Verwaltung wird umgestellt.

Ein paar Akten über eine ehemalige Bezirksgrenze zu schleppen, das kann ja nicht so schwierig sein, mögen Sie sich jetzt denken. Das Schleppen ist wohl auch nicht das Problem. Eher die Frage, wohin mit dem Zeug und wer ist dann dafür zuständig, sie wieder auszupacken. Man hatte die Bezirks- und Verwaltungsfusion zwar lange angekündigt, aber besonders viel Souveränität strahlten die Ämter letzte Woche nicht gerade aus.

In Steglitz-Zehlendorf z.B. funktionierte die gemeinsame Telefonanlage ein paar Stunden einfach nicht. In Tempelhof-Schöneberg landeten die Anrufe allesamt in der neuen Zentrale, dem früheren Rathaus Tempelhof. Das war sogar so geplant, die dortigen Mitarbeiter sollten die Anrufer dann wieder nach Schöneberg verbinden. Oft fehlten ihnen allerdings die Durchwahlnummern, oder diese waren falsch. Dann landeten die An-rufe erneut in der Zentrale.

Die meisten der neuen Bezirke verzichteten deshalb darauf, auch schon die technischen Strukturen zu vernetzen. Im Großbezirk Mitte - hervorgegangen aus Mitte, Tiergarten und Wedding - z.B. braucht man noch etwas Zeit für die Umstellung. Die Telefonanlage des einstigen Bezirksamtes Tiergarten ist zu alt und mit denen der Fusionspartner nicht kompatibel. Ein Problem, dass man auch in Wilmersdorf-Charlottenburg kennt: Dort vertragen sich die Computersysteme nicht.

Das fängt ja schon gut an. Sie müssen aber keineswegs fürchten, etwas zu verpassen, wenn Sie sich nicht gleich jetzt von dem Umzugs- und Umbennungs-Chaos überzeugen. Demnächst wird eine Entlassungswelle dafür sorgen, dass die fleißigen Bürokraten der Arbeit gar nicht mehr nachkommen: 11 000 Mitarbeiter seien durch die Fusionen überflüssig geworden und könnten eingespart werden. Interessanterweise auch in den Bezirken Neukölln, Spandau und Reinickendorf, die allein geblieben waren.

Und dann gibt es da noch das Verkehrsproblem. Im ehemaligen Prenzlauer Berg ist immer noch Pankow ausgeschildert. Dabei gehört der einst eigenständige Bezirk jetzt selbst zu Pankow. So schlecht hatten es nicht einmal die Bonner vorgemacht. Aber vielleicht sollten sie jetzt auch Wegweiser mit der Aufschrift Bonn in ihrer Stadt aufstellen. Dann könnten sie es wenigstens mit der tollen Metropole Berlin aufnehmen.