Bushs Antrittsbesuch in Mexiko

Die Tex-Mex-Connection

Der neue US-Präsident George W. Bush setzt sich bei seinem ersten Auslandsbesuch für die Interessen der Ölindustrie ein.

Mit dem ersten Auslandsbesuch seiner Amtszeit brach US-Präsident George W. Bush eine Tradition seiner Vorgänger. Statt wie Ronald Reagan, George Bush senior und Bill Clinton nach Kanada zu fliegen, reiste George W. nach Mexiko und traf sich mit Präsident Vicente Fox. Die Themen des Gipfelgespräches: Drogen, Migration und Energiepolitik. Zwei Drittel des in den USA konsumierten Kokains kommen über Mexiko in die Staaten. Die Landwirtschaft im Süden der USA ist abhängig von Wanderarbeitern aus Mexiko, viele reisen illegal in die USA ein. Und die USA drängen im Rahmen des Nafta-Abkommens seit längerem auf eine Öffnung des staatlichen mexikanischen Energiesektors für ausländische Investitionen.

Die Energiefrage dürfte dem Texaner Bush besonders am Herzen liegen, denn texanische Ölkonzerne haben einen wesentlichen Beitrag zu seinem gigantischen Wahlkampfbudget geleistet. Bushs Nähe zu den Ölkonzernen geht noch weiter. In den achtziger Jahren hatte er sich selbst im Ölgeschäft versucht. Er war damit einer Familientradition gefolgt, hatte allerdings weniger Erfolg als seine Vorfahren; zwei Unternehmen hätte er beinahe in den Bankrott geführt. Als Präsident kann er sich leichter um die Ölwirtschaft verdient machen als in der Unternehmensführung. Sollte eine Marktöffnung in Mexiko zustande kommen, wären texanische Konzerne die ersten, die dort investieren würden.

Der Öffnung des mexikanischen Energiemarktes steht allerdings ein bedeutendes Hindernis entgegen. In der Verfassung Mexikos ist die Energiesouveränität des Staates festgeschrieben. Der Verkauf von Teilen des staatlichen Energiekonzerns Petroléos Mexicanos (Pemex) ist demnach bislang verfassungswidrig, und es gilt als unwahrscheinlich, dass der mexikanische Kongress einer Privatisierung zustimmen würde.

Der seit Dezember amtierende Präsident Vicente Fox hat allerdings eine Modernisierung von Pemex auf seine politische Tagesordnung gesetzt und will die Unternehmensführung profitabler gestalten. Die Pemex kann nämlich den Großteil des mexikanischen Rohöls nicht selbst verarbeiten und exportiert 90 Prozent davon in die USA. Andererseits muss Mexiko zur Energiegewinnung fossile Brennstoffe - Erdgas und raffiniertes Öl - aus den USA importieren. Die Pemex-Reform, die Fox auf den Weg bringen will, beinhaltet auch eine Umstrukturierung des Firmenvorstandes. Sechs der elf Direktoren werden derzeit vom Präsidenten und fünf von der staatlichen Ölarbeitergewerkschaft eingesetzt, die von der ehemaligen Regierungspartei PRI dominiert wird.

Die Tageszeitung Dallas Morning News übte sich zu diesem Thema bereits in Politikberatung für Bush und Fox. In einem Kommentar wurde vorgeschlagen, Fox solle über die von ihm benannten Direktoren durchsetzen, dass die Pemex Aufträge zur Ölsuche an ausländische - texanische - Unternehmen vergibt. Auf diese Weise würde die Verfassung nicht verletzt, da kein Ausländer mexikanisches Öl besitzen würde. Trotzdem hätten US-Unternehmen einen Fuß in der Tür. Fox spricht sich in seinen Plänen für die Pemex allerdings ausdrücklich gegen eine Privatisierung, auch in Teilbereichen, aus. Dabei könnte es sich um politisches Kalkül handeln, bis im Kongress eine Verfassungsänderung möglich ist.

Beim Thema Drogen lockert die neue US-Regierung den Umgangston mit Mexiko. George W. Bush ist der erste Präsident, der öffentlich zugegeben hat, dass die Nachfrage in den USA mitverantwortlich ist für die Einfuhr von Drogen. Dieses Eingeständnis steht im Kontrast zu der Politik des US-Kongresses, einmal im Jahr diejenigen lateinamerikanischen Länder abzumahnen, die nach Meinung der Abgeordneten nicht entschieden genug gegen Drogenproduktion und -handel vorgehen.

Die USA verlangen von den abgemahnten Ländern, US-Hilfen im »Krieg gegen Drogen« anzunehmen. Andernfalls drohen wirtschaftliche Sanktionen. Kolumbien ist das prominenteste Beispiel für diese Art der Lateinamerikapolitik. Vicente Fox hat jüngst seinen Wunsch nach einem Ende dieser Politik ausgedrückt. Sie sei erniedrigend und ein Eingriff in die staatliche Souveränität lateinamerikanischer Länder. Mexiko gehörte in den vergangenen Jahren stets zu den Ermahnten.

Der Mexikobesuch von George W. Bush könnte beispielhaft sein für die Außenpolitik der neuen Regierung. Bush macht sich auch im Ausland stark für die Interessen der Lobbies, die ihn an die Macht gebracht haben. Im Innern nimmt diese Klientelpolitik Gestalt an in Form der geplanten Steuersenkungen in Höhe von 1,6 Billionen Dollar, von denen fast ausschließlich die Industrie und die Superreichen profitieren würden. Bush verkauft sein Programm zur Umverteilung von unten nach oben mit der Angst vor einer Rezession.

Die Unter- und Mittelschichten geben im Verhältnis zur Oberschicht einen größeren Teil ihres Geldes für Konsumgüter und allgemeine Lebenshaltung aus. Eine Erhöhung des Mindestlohns oder Steuerentlastungen für Arme würden dazu führen, dass sich mehr US-Amerikaner eine Krankenversicherung leisten könnten; auch der allgemeine Lebensstandard würde sich auf diese Art und Weise heben lassen. Einem Kursverfall an den Börsen aber würde das nur indirekt entgegenwirken. Steuerentlastungen für die Oberschicht hingegen bedeuten kaum eine Steigerung des Konsums in der Bevölkerung. Die Mittel, die so freigesetzt werden, dürften eher in Investitionen an den Kapitalmärkten und in der Industrie fließen; auf diese Weise will die Regierung Bush einer Rezession entgegenwirken.

Diese Auffassung von der Rettung des Wirtschaftswachstums teilt die neue Regierung mit manchen Mitgliedern der Demokratischen Partei im Kongress. Zwar haben einige demokratische Abgeordnete Kritik an der Gewichtung der Steuersenkungen geäußert und fordern höhere Investitionen in Bildung und soziale Sicherheit. Doch diese Kritik bleibt rhetorisch, eine ernsthafte Opposition formiert sich nicht. Zu sehr ähnelt die politische Klientel der Demokratischen Partei derjenigen der Republikaner.