Haiti: Alles brennt
Am Samstag war noch Zeit für eine Pausenzigarette. Ein Anwohner von Pétion-Ville, einem am Hang gelegenen Vorort von Port-au-Prince, half dabei, ein Metalltor zum Schutz vor Banden zu installieren.
Am Sonntag dann berichteten lokale Medien nach Angriffen bewaffneter Banden von Brandstiftung und schwerem Gewehrfeuer im Zentrum der haitianischen Hauptstadt. Das Armenquartier im tiefergelegenen Teil des Stadtviertels Delmas verwandelte sich demnach in ein »Schlachtfeld«, laute Explosionen waren zu hören, ebenso wie Gewehrfeuer in der Nähe des Nationalpalasts.
Die Mitglieder des Übergangsrats sind ausgewählt und sollen im Nationalpalast vereidigt werden, der aber genauso wie andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser und Infrastruktur in den vergangenen Wochen wiederholt angegriffen wurde.
In den sozialen Medien kursierten Sprachaufnahmen, die dem Bandenführer Jimmy Chérizier, genannt »Barbecue«, zugeschrieben werden, der seinen Truppen offenbar befahl, Häuser in Delmas niederzubrennen, wo er aufgewachsen ist. In einer Tonaufnahme sagt ein Mann, dass er dafür Benzinkanister geschickt hat: »Ihr müsst nicht wissen, welches Haus. Brennt jedes Haus nieder, das ihr findet. Legt das Feuer.« Auch in Pétion-Ville wurden Angriffe gemeldet.
Sie stehen im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Einsetzung eines Übergangsrats (Conseil de Transition), der eine neue Regierung Haitis bestimmen und die Nachfolge von Premierminister Ariel Henry regeln soll. Henry ist am 11. März unter dem Druck der USA zurückgetreten, während er in Puerto Rico festsaß.
Die haitianischen Banden, von denen sich viele in einem Bündnis namens Viv ansanm (»Zusammen leben«) zusammengeschlossen haben, hatten zuvor schon verlautbart, dass sie die Stadt belagern, um Henry zu stürzen. Aber seit seinem Rücktritt haben die Angriffe noch zugenommen. Nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen befinden sich rund 90 Prozent von Port-au-Prince unter der Kontrolle der Banden.
Die Mitglieder des Übergangsrats sind ausgewählt und sollen im Nationalpalast vereidigt werden, der aber genauso wie andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser und Infrastruktur in den vergangenen Wochen wiederholt angegriffen wurde. Die haitianische Katastrophenschutzbehörde warnte aufgrund starker Regenfälle vor Überschwemmungen im Süden, einschließlich der Hauptstadt. Das Gesundheitssystem steht vor dem Zusammenbruch, da Medikamente und Ausrüstung aufgrund von Plünderungen knapp werden. Nach UN-Schätzungen sind mehr als 360.000 Menschen auf der Flucht und Millionen hungern, da wichtige Häfen und Versorgungswege blockiert sind.