Deutsche Immobilien in Portugal

Auf Sand gebaut

Ein gescheitertes Immobilienprojekt führt zu Verstimmungen im deutsch-portugiesischen Verhältnis

Ein »Wirtschaftskrieg« tobe zwischen den EU-Partnern Deutschland und Portugal, berichtete der Deutschlandfunk kürzlich. Auslöser sei ein gescheitertes Immobilienprojekt deutscher Unternehmer südlich von Lissabon, in der Gemeinde Sesimbra. Der Grundstein für das so genannte Aldeia-do-Meco-Projekt war bereits in den sechziger Jahren gelegt worden, als die faschistische Militärdiktatur von General Antonio Salazar das Land regierte.

Deutsche Investoren kauften damals 67 Hektar Land mit Zugang zur felsigen Küste, um in dem bis dahin unberührten, wildromantischen Ambiente eine Feriensiedlung mit 180 Privathäusern, 1737 Appartements und einem Fünf-Sterne-Hotel zu errichten.

Auch Helmfried Horster, der Verwaltungsratsvorsitzende der Aldeia-do-Meco-AG, gehörte zu den Käufern. Er schwärmt, »beste Spezialisten aus Deutschland und Portugal« hätten das »sehr naturschützende Projekt« konzipiert.

Dann aber machte die Nelkenrevolution von 1974 diese Pläne vorerst zunichte. Der neue kommunistische Bürgermeister der Gemeinde Sesimbra entzog den deutschen Investoren die Baugenehmigung.

Seither führt die Aldeia-do-Meco-AG einen Rechtsstreit mit dem portugiesischen Staat. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Lissabon musste die Gemeinde Sesimbra 1999 die Baugenehmigung erteilen. Doch dann schaltete sich Portugals Umweltminister José Sócrates ein und griff in die Trickkiste, um das Projekt zu verhindern. Das portugiesische Umweltministerium erstand eine kleine Parzelle inmitten der geplanten Anlage, für die es keine Baugenehmigung gibt. Das gesamte Projekt musste erneut gestoppt werden.

Im Deutschlandfunk rechtfertigte Sócrates seinen Schachzug damit, dass man wegen der »großen Umweltfeindlichkeit« und der Verletzung »nationaler Interessen« keine andere Möglichkeit sehe, als sich dem Projekt der Aldeia-do-Meco-AG »mit allen Mitteln zu widersetzen«.

Die will inzwischen auch gar nicht mehr bauen, sondern fordert Entschädigungszahlungen für die Prozesskosten, die in den letzten 25 Jahren zusammengekommen sind, erläutert Helmfried Horster. Der leidenschaftliche Bergsteiger und Hochseesegler vermutet, dass die portugiesische Regierung die deutschen Investoren »biologisch und wirtschaftlich aussitzen« wolle. Nach seiner Meinung sind die Kommunisten an allem schuld. »Sie müssen sich das vorstellen: Bis im Dezember 1997 regierte in Sesimbra ein kommunistischer Bürgermeister. Auf unsere Verständigungsangebote bekamen wir Mao-Zitate als Antwort.«

Der heutige Bürgermeister der Gemeinde, Amadeu Penim von der Sozialistischen Partei Portugals (PSP), tue ihm leid, fährt Horster fort, weil er immer noch mit derselben Mannschaft in den Behörden zusammen arbeiten müsse.

Im Kampf gegen Mao-Zitate und alte Seilschaften hat Horster jedoch vor zwei Jahren einen gewichtigen Mitstreiter gefunden: den deutschen Wirtschaftsminister Werner Müller.

Im Mai 1999 schrieb dieser einen Brief an seinen portugiesischen Amtskollegen, in dem er die Erfüllung von Verträgen forderte und das Aldeia-do-Meco-Projekt als einen Fall für das deutsch-portugiesische Investitionsschutzabkommen bezeichnete. So könne, zitiert der Deutschlandfunk den Wirtschaftsminister, »ein umfangreiches Entschädigungsverfahren vor portugiesischen Gerichten und eventuell auch vor internationalen Gerichten vermieden werden«. Die harschen Töne aus dem deutschen Wirtschaftsministerium erregten in Lissabon Unmut - sowohl bei der dortigen Regierung als auch bei Umweltschützern. Die portugiesischen Behörden ließen sich »von niemandem an die Wand drücken«, wetterte Sócrates im Deutschlandfunk. »Und wir hören es auch nicht gern, wenn uns ständig unterstellt wird, wir würden Investitionsschutzabkommen verletzen.«

Mit Wehmut denkt man bei der PSP wahrscheinlich an die Zeiten zurück, als man noch von deutschen Sozialdemokraten unterstützt wurde wie in den siebziger Jahren unter Willy Brandt. Der damalige Bundeskanzler gründete zusammen mit Olof Palme das Komitee der Freundschaft und Solidarität für Demokratie und Sozialismus in Portugal. Dabei ging es darum, den Erfolg der Kommunisten nach der Nelkenrevolution zu mindern. Auch die Friedrich-Ebert-Stiftung half mit. Deshalb war es auch kein Zufall, dass sich die Sozialistische Partei Portugals 1974 in Bad Münstereifel gründete. Heute gilt die Solidarität der deutschen Sozialdemokraten allerdings weniger portugiesischen Sozialisten als deutschen Unternehmern, die ihr Geld in den portugiesischen Sand gesetzt haben.

Inzwischen hat Horster den Konflikt noch einmal verschärft. Seine Investment-Beratungsfirma Conlusa verschickte ein Rundschreiben an 115 deutsche Unternehmen in Portugal. Darin legt er seine Sicht des Aldeia-do-Meco-Konflikts dar. Ist dies etwa als Warnung vor Investitionen in Portugal zu verstehen? Er habe damit lediglich seine »Sorgen über die Rechtsstaatlichkeit« des Verfahrens zum Ausdruck bringen wollen, erklärt Horster gegenüber Jungle World. »Wir wollten einfach klare und sachliche Informationen an unsere Leute weitergeben. Und wir wollen, dass wir entschädigt werden, wie man es in einem echten Rechtsstaat machen würde.«

Die portugiesische Seite aber habe alle Lösungsvorschläge seitens der AG »grinsend abgelehnt« und stattdessen die Möglichkeit eines »Geländetausches« ins Spiel gebracht. Die Aldeia-do-Meco-AG wurde schnell fündig. Die Pelicano AG, »mit der wir nichts zu tun haben«, erzählt Horster, besitze ein Gelände rund acht Kilometer von Sesimbra entfernt. Hier möchte der umtriebige Geschäftsmann nun sein Ferienhaus-Projekt verwirklichen. Allerdings ist das Gelände, das die AG im Austausch erwerben will, achtmal so groß wie das eigene.

Anfang Februar reiste Horster nach Berlin, um mit Mitarbeitern des Wirtschaftsministierums über die Angelegenheit zu sprechen. Denn die Zeit eilt. »Ich war 26 Jahre alt, als ich eine Parzelle des Grundstücks kaufte. Heute bin ich 60 und habe graue Haare. Unter den ersten Investoren gab es schon Todesfälle.« Mit Sicherheit wird Werner Müller alles tun, dass deutsche Unternehmer für ein gescheitertes Immobilienprojekt entschädigt werden, bevor die »biologische« Lösung eintritt. Denn in Sachen Entschädigung kann man der deutschen Wirtschaft nun wirklich nichts vormachen.