Partnerschaft zwischen Bahnschutz und BGS

Sicher auf die Schiene

Die so genannte Ordnungspartnerschaft zwischen dem BGS und dem Bahnschutz BSG richtet sich vor allem gegen Ausländer.

Während deutsche Kleinfamilien mit dem Wochenend-Ticket gemütlich durch das Land reisen, werden ausländisch aussehende Bahnbenutzer von privaten und staatlichen Sicherheitsdiensten schikaniert. Neben den Kontrolleuren und Mitarbeitern der privaten Bahnschutz & Service GmbH (BSG) wollen oft auch noch Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) die Fahrausweise und Aufenthaltsgenehmigungen sehen. »Diese Praxis findet vor allen in Nahverkehrszügen und Regionalbahnen statt«, kritisiert Thomas Brunst, Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten.

Doch die Ordnungshüter könnten es bald noch einfacher haben, an die Daten der ausländischen DB-Kunden heranzukommen. Im November letzten Jahres unterzeichneten Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Hartmut Mehdorn, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, eine Vereinbarung, wonach BGS-Beamte und private Sicherheitskräfte der BSG künftig gemeinsam Züge, Bahnhöfe und das Bahnhofsumfeld kontrollieren sollen - unter Leitung des BGS. Außerdem sollen die BSG-Kräfte in Fahrzeugen des Bundesgrenzschutzes mitfahren, gemeinsame Weiterbildung steht ebenfalls auf dem Programm.

Vorbilder für die bundesweite Sicherheitspartnerschaft von privaten Wachdiensten und staatlichen Ordnungshütern gibt es bereits. Unter dem Motto »Partnerschaft für mehr Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden« arbeiten Polizei, Bundesgrenzschutz, Arbeits-, Jugend- und Sozialämter schon seit Ende 1997 in einigen Städten eng zusammen. Dabei kooperieren sie auch mit privaten Sicherheitsdiensten und freiwilligen Polizeihelfern.

In der Tat werden Bagatelldelikte wie Ladendiebstahl oder das Sprühen von Graffiti in Großstädten wie Berlin, Köln und Düsseldorf seit Einführung der Modellversuche konsequent verfolgt. Daher verwundert es nicht, dass in besagter Vereinbarung auch auf gemeinsame Aktionen gegen Schwarzfahrer hingewiesen wird. Darüber hinaus soll »die öffentliche Ordnung verteidigt« werden. Auf gut Deutsch: Obdachlose, bettelnde Punks und Junkies müssen zunächst aus dem Bahnhofsbereich, später dann auch aus den Innenstädten verschwinden.

Der Sicherheitswahn der Deutschen Bahn begann 1994, als sie ihr so genanntes 3-S-Konzept präsentierte: Service, Sicherheit, Sauberkeit. Der Bahnhof sollte kein reiner Verkehrsknotenpunkt mit »Problembürgern« und »sozialen Außenseitern« mehr sein, hieß es damals, sondern eine »shopping-mall mit Gleisanschluss«. Mittlerweile sind alle großen Bahnhöfe mit 3-S-Zentralen ausgestattet, wo Videoüberwachung und andere Aktivitäten gesteuert werden. Kleinere Bahnhöfe stehen in ständigem Kontakt mit den Zentralen.

Die Ausweitung der Kontrollen in den Bahnhöfen hängt auch mit den erweiterten Kompetenzen der Grenzschützer nach der Wiedervereinigung sowie mit der Privatisierung von Reichs- und Bundesbahn 1992 zusammen. Seitdem fallen die Aufgaben der Bahnpolizei in den Zuständigskeitsbereich des BGS. Darüber hinaus haben 1998 bis auf Hamburg sämtliche Bundesländer zugestimmt, dass der BGS auch verdachts- und anlassunabhängig kontrollieren darf. Das Kontrollnetz der einstigen Grenzhüter ist so auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt worden.

Die Bahn AG selbst hat inzwischen den Sicherheitsdienst BSG aufgebaut. Die ständige Präsenz von Sicherheitskräften und die permanente Kameraüberwachung aller Publikumsbereiche in den Bahnhöfen und in deren Umgebung sollen für das richtige »Wohlfühl«-Gefühl der Kunden sorgen, wie es in der Eigenwerbung der Bahn heißt.

Gewissen datenschutzrechtlichen Restriktionen unterliegen die BSGler aber doch noch. So dürfen sie zwar unerwünschte Personen aus den Bahnhöfen vertreiben, nicht aber ihre Personalien aufnehmen oder ihnen ein Hausverbot erteilen. Das obliegt weiterhin dem BGS, der auf diese Weise dem BSG zuarbeitet. »Um die Grundrechte der Randgruppen schert sich keiner der Beteiligten«, kritisiert Brunst. Untersuchungen der Drogenberatungsstelle Fixpunkt in Berlin zufolge setzen Grenzschutz und Länderpolizei Obdachlose häufig auch im so genannten Verbringungsgewahrsam fest.

Die Gemengelage, die wegen der Überschneidungen zwischen dem Hausrecht der DB und der Ausübung des Hoheitsrechts durch den BGS ohnehin besteht, wird mit der neuen Vereinbarung noch unübersichtlicher, sodass die Ordnungspartnerschaft nun auch auf die Kritik von Datenschützern stößt.

Zwar enthält die Vereinbarung datenschutzrechtliche Bestimmungen, doch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, hat trotzdem erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vertrags. Der Datenschutz sei nicht mehr gewähreistet, wenn bei Personenüberprüfungen persönliche Daten an die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsdienste gelangen, so der Gewerkschafter. Das Bundesamt für Datenschutz (BfD) wollte sich Jungle World gegenüber noch nicht zu den Vorwürfen äußern, eine Sprecherin erklärte aber, die Vereinbarung werde derzeit geprüft. Da man die Angelegenheit für alles andere als »trivial« halte, wolle man keinen »Schnellschuss« abgeben.

Allen, die den Schikanen von BGS und BSG täglich ausgesetzt sind, nützt das wenig. Aus dem Jahresbericht des BGS geht hervor, dass die Hauptaufgabe der Bahnpolizei inzwischen darin besteht, Verstöße gegen das Asyl- und das Ausländergesetz zu ermitteln. Mehr als 14 000 Verstöße registrierte der BGS allein 1999, ein Jahr zuvor waren es immerhin schon 10 000.

Diese Selektivkontrollen kennen auch die Mitarbeiter der Flüchtlingsorganisation The Voice aus Jena. »Je dunkler die Hautfarbe, umso eher wird man kontrolliert. Und wird man nicht schon im Zug von BGS-Beamten nach Ausweis und Aufenthaltsgenehmigung gefragt, dann spätestens am Bahnhof. Dort stehen sie dann wieder in Reih und Glied, die Privaten vom BSG und die Beamten des BGS, und nehmen die Nichtweißen in Empfang.« Thomas Brunst sieht das ähnlich: »Das ist staatlich geförderter Rassismus.«