»15 Minuten Ruhm«

Zwei Stunden Stumpfsinn

Oft wird behauptet, George W. Bush habe in Hollywood keine Freunde. »15 Minuten Ruhm« von John Herzfeld widerlegt diese Behauptung und ist zugleich der trostloseste Film, in dem Robert De Niro je mitgespielt hat. Es geht um zwei soziopathische Migranten aus dem ehemaligen Ostblock, die nach New York kommen und dort bestialische Morde begehen, sich dabei mit einem Camcorder filmen, um das Material für viel Geld einem Fernsehsender anzubieten. Danach wollen sie sich stellen und vor Gericht wegen ihrer schweren Kindheit im Kommunismus auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren und ihre Story nach Hollywood verkaufen. Zwei Bullen sind hinter ihnen her, lassen sie aber immer wieder laufen, bis die zwei Stunden von »15 Minuten Ruhm« um sind.

Der Film gibt vor, ein medienkritischer Thriller zu sein, taugt aber nicht mal zur trashigen Medienparodie. Die Mordszenen des Killerduos sind reine Exploitation, wogegen nichts zu sagen wäre, wenn der Film nicht gleichzeitig mit seiner Story und seiner Reklame behaupten würde, den sensationsgeilen Massenmedien den Spiegel vorzuhalten. Das Label Medienkritik dient dabei als Vorwand, um das affektgeladene Bedrohungsszenario eines entarteten American Way of Life zu zeichnen.

Mit seiner wichtigtuerischen Bildsprache bettelt der Film geradezu darum, als ein politischer Kommentar betrachtet zu werden. Keine Gelegenheit wird ausgelassen, die Freiheitsstatue, die amerikanische Flagge oder andere Hoheitszeichen der leading democracy of the world ins Bild zu rücken, um zu demonstrieren, dass die liberale Gesellschaft den Zynismen der beiden postkommunistischen Killer schutzlos ausgeliefert ist. Den idealtypischen Zuschauer dieses Filmes darf man sich als einen paranoiden, weißen, männlichen Kleinstadtkretin vorstellen, der der Presse so wenig traut wie der Justiz.

Das Ende des Films appelliert ganz unumwunden an die Säuberungsphantasien des Publikums und spekuliert auf dessen tobenden Beifall. Dem netten Bullen Jordy (Edward Burns) platzt der Kragen, mit Oleg und Emil wird kurzer Prozess gemacht. So könnte es auch Charlton Hestons American Rifle Organization ins Drehbuch geschrieben haben. Der Film bedient sich der Mittel der Propaganda, das besonders Unerfreuliche sind also nicht mal seine reaktionären Statements, sondern es ist die Stumpfheit, mit der sie vorgetragen werden.

Das ist an keiner Stelle spannend, auch nicht »spannend gemacht«, sondern nur »auf spannend gemacht«. Selbst ein Eiswürfel, der in ein Cocktailglas glitscht, wird auf der Tonspur elektronisch hochpitcht, damit der Zuschauer nicht merkt, dass er sich langweilt. Desinteressiert ist eine Verlobte, ein Love-Aspect, ins Drehbuch geschrieben, damit der Zuschauer nach dem Ableben De Niros wenigstens ein wenig traurig ist. Weil das nicht klappt, hört man fünf Minuten lang blöde, traurige Filmmusik.

Gibt es nicht irgendwelche Warhol-Erben, die Urheberrechte besitzen und den überstrapazierten Satz vom 15-Minuten-Ruhm für die nächsten 15 Jahre aus dem Verkehr ziehen könnten?

»15 Minuten Ruhm«, USA 2000. R: John Herzfeld. D: Robert De Niro, Edward Burns. Start: 12. April