Debatte um Deutschkurse

Integration? Partizipation!

»Deutsch als Fremdsprache« ist nichts anderes als staatliche Affirmative Action.

In einem Punkt sind sich die CSU und die antirassistische Linke ziemlich einig. Beide halten Deutschland für kein geeignetes Einwanderungsland. Deutschland ist kein Einwanderungsland, behauptet die CSU - auch wenn die Parteispitze neuerdings was anderes erzählt -, weil sie die Deutschen vor den Ausländern schützen will. Deutschland ist kein Einwanderungsland, meint die Linke, weil sie die Ausländer vor den Deutschen schützen will. Migranten denkt sich die Linke deshalb vorzugsweise als antideutsche revolutionäre Subjekte.

Jetzt will Deutschland wieder Leute ins Land holen und für sich arbeiten lassen. Aber etwas ist anders, denn diesmal sollen die Neuankömmlinge kein Moped bekommen, mit dem sie nach getaner Arbeit am besten zügig wieder in Richtung Süden fahren, sondern einen Sprachkurs. In dem Moment, da sich die großen Parteien darauf einigen, dass Deutschland doch ein Einwanderungsland ist und deshalb nicht nur ein Gesetz für die Zuwanderung braucht, sondern auch ein paar Institutionen schaffen muss, die die Integration der Migranten fördern, weiß die Linke schon, dass sie irgendwie dagegen ist. Zum Beispiel gegen die Einführung von Sprachkursen für alle Zuwanderer, die kein Deutsch sprechen.

Sprachkurs! Um Gottes Willen! Deutsche Kontinuitäten. Naziverschwörung, Ausbeuterplan. Alles klar. Möglicherweise will man mit all den Leuten aber auch einfach nur reden und ist selbst zu faul, die Sprachen der verschiedenen Migrantengruppen zu erlernen. Es mag ja sein, dass die Idee einer Nationalsprache irgendwann überholt ist, dass also in ferner Zukunft in den Migrationsländern Englisch die Globalsprache sein wird, in der die unterschiedlichen Communities miteinander kommunizieren. Bis dahin könnten Migranten aber noch einige Kilometer deutscher Straßen zu fegen haben.

Niemand, der noch alle Zwetschgen beisammen hat, kann bestreiten, dass Kurse, in denen Einwanderer Deutsch als Fremdsprache erwerben, nützlich sind. Und zwar nicht nur für den Staat und die Wirtschaft, sondern eben auch für die Teilnehmer. Diskutieren kann man doch lediglich darüber, ob so ein Unterricht Pflicht oder Angebot sein sollte. Gegen den Zwang zur Teilnahme spricht, dass damit die Grundlage staatlicher Gängelung geschaffen wird. Für diese Variante gibt es aber auch ein paar ganz gute Gründe. Sie schafft so etwas wie Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, zwischen Abgesicherten und Prekären, zwischen den ohnehin Bildungsbeflissenen und den weniger Eloquenten.

Dass der Lieblingsfeind der Linken, Eckart Werthebach, die Sprachkurse als ordnungspolitische Maßnahme verstanden wissen will, denunziert die Idee nicht. Und die Tatsache, dass sich bisherige Migrantengenerationen auch ohne staatliche Sprachprogramme in Deutschland durchgeschlagen haben, ist kein Grund, es künftigen Einwanderern nicht etwas leichter zu machen. Zumal die Jobs, die zukünftig zur Verteilung anstehen, nicht nur jene Drecksarbeiten sind, die Ausländer bisher in Deutschland übernehmen mussten. Damit eröffnen sich Chancen auf gesellschaftliche Partizipation, die für die Gastarbeiter der sechziger Jahre einfach nicht vorgesehen waren.

Das geplante Projekt »Deutsch als Fremdsprache« ist eigentlich nichts anderes als staatliche Affirmative Action und könnte aus dem Ideenreservoir der Linken stammen. Sicherlich ist dem künftigen Einwanderungsgesetz inklusive seines - wie auch immer ausformulierten - Sprachprogramms eine neoliberale Logik eingeschrieben, das bedeutet aber nicht, dass es keine emanzipativen Effekte hätte. Diese zu verkennen heißt, einem romantisch-revolutionären Migranten-Ideal anzuhängen, das die Leute, die demnächst kommen, zum Widerstand verpflichten will, einem Ideal, das in der Linken spätestens seit der Green Card-Debatte Konjunktur hat.

Wahrscheinlicher ist aber, dass Migranten als Ersatzproletariat ebenso untauglich sind wie Schwule, Frauen und andere Marginalisierte.