Alternative Lebensformen

Deutsch für Deutsche

Nun wird die Freie Universität Berlin wieder einmal Geld aus ihren leeren Töpfen kratzen müssen. Weil die Studis das Beschmieren von Wänden des Otto-Suhr-Institutes (Osi) für Politologie einfach nicht lassen wollen. Ebenso wenig wie das Sprengen von Seminaren. Und das nur, weil einige neurechte Alt-68er oder einfach nur neurechte oder nur rechte und manchmal auf den ersten Blick gar nicht so rechte Dozenten es immer wieder versuchen.

Diesmal war es der emeritierte Professor Fritz Vilmar. Er holte sich den stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins Deutsche Sprache (VDS), Horst Hensel, zur Seite. Erklärtes Ziel des 1997 gegründeten VDS ist es, die »Vermanschung des Deutschen mit dem Englischen« aufzuhalten - z.B. an der Uni. Die nach Vereinsangaben etwa 10 000 Mitglieder haben was gegen das »Kauderwelsch der Werbung« und vor allem gegen das »pseudo-kosmopolitische Imponiergefasel der Medien«.

Vilmar hat ein ähnliches Problem. Nämlich »die Anglisierung/Amerikanisierung der deutschen Sprache«. Er sieht es aber nicht als sein persönliches Verständnisproblem, sondern als »politologisches und politisches«. Und dazu braucht er den Hensel. Um gemeinsam mit ihm in einem dreitätigem Seminar am Osi darüber zu referieren. Gegen den »partiellen Sprachverfall« soll es gehen. Und um die Tendenz der Deutschen, sich »nach der nationalsozialistischen Katastrophe bereitwillig der kulturellen, politischen und ökonomischen Dominanz der USA unterzuordnen«.

Außer Vilmar, Hensel und etwa 40 Interessierten, von denen ein Drittel das durchschnittliche Studierendenalter längst hinter sich gelassen hat, mochte allerdings kaum jemand in Dahlem die deutsche Sprache retten. Stattdessen gab es scharfe Proteste. »Antiamerikanismus« und die Reproduktion der Vorstellung von der »Zerstörung der deutschen Hochkultur durch die amerikanische Unkultur« wirft der Lehrbeauftragte Martin Jander den Seminarmachern in einem Offenen Brief vor.

Studierende griffen zu anderen Methoden gegen die deutschtümelnden und nationalistischen Ausführungen: Öffentlich angekündigt sprengten am vergangenen Freitag etwa 25 Studis die zweite Sitzung des Deutsch-Kurses. Bereits zuvor hatte aber die Leitung des Osi mit dem Einschalten der Rechtsabteilung im Falle eventueller Störungen gedroht.

So sahen sich die StörerInnen dann auch mit zwei schubsenden Sicherheitsbeamten konfrontiert. Außerdem sollten am Eingang Namen und Matrikelnummer angegeben werden. Während die Eindringlinge über die inhaltliche Ausrichtung des Seminars diskutieren wollten, machten die Retter der deutschen Sprache die Fronten klar. Die Störer verwendeten »Methoden der Waffen-SS«, ihr Vorgehen sei »faschistisch«.

Neben solchen Seminaren widmet der VDS sich der Wahl eines »Sprachpanschers des Jahres«. 1999 gewann der damalige Chef der Deutschen Bahn AG wegen der Bezeichnungen »ticket counter« oder »Mc clean« auf deutschen Bahnhöfen. Die Mehrzahl der Bevölkerung stehe nun desorientiert in Bahnhofshallen herum. Am Osi wäre das nicht passiert.