Neue Kämpfe in Mazedonien

Cowboys in Skopje

Die Reaktion war ungewöhnlich scharf. »Zu 95 Prozent«, so der mazedonische Ministerpräsident, Ljubvo Georgievski, hätten die EU-Vermittler die Forderungen der albanischen Separatisten übernommen und versucht, sie »mit Cowboy-Methoden« durchzusetzen. Das war nach dem Abbruch der Friedensverhandlungen Ende vergangener Woche in Skopje.

Tatsächlich lassen die bisherigen Ergebnisse der von Emissären der EU und der USA geleiteten Verhandlungen zwischen Vertretern der mazedonischen Regierung und der Albaner-Parteien nur einen Schluss zu: Washington, Brüssel und Berlin sind nicht am Erhalt des mazedonischen Staates interessiert.

Die Regierung in Skopje wies in der letzten Woche einen Vermittlungsvorschlag von James Pardew (USA) und François Léotard (EU) brüsk zurück, den die albanischen Regierungsparteien zuvor angenommen hatten. Er sah unter anderem vor, Albanisch als zweite Amtssprache einzuführen. Vor allem aber wurde eine Sperrklausel für die albanische Minderheit vorgeschlagen, die einem »verfassungsmäßig abgesicherten Dauerseparatismus« gleichkommt, wie die FAZ bemerkte. Georgievski kommentierte den Vorschlag als »brutalen Versuch, die staatlichen Institutionen aufzubrechen«.

Als die Verhandlungen beendet wurden, beschossen Kämpfer der Nationalen Befreiungsarmee UCK erneut Stellungen der Regierungstruppen. In der Nähe von Tetevo kam es am Wochenende zu heftigen Gefechten.

Damit scheint die Taktik der Separatisten aufzugehen. Die erfolgreiche Provokation der staatlichen Streitkräfte sorgte tatsächlich für den erwarteten Appell der EU an »beide Konfliktparteien«, endlich Friedensverhandlungen aufzunehmen. Doch wieso sollten die Verantwortlichen in Skopje die Forderungen einer terroristischen Separatistengruppe anerkennen? Mit der gleichen Logik könnte man von der spanischen Regierung nach dem nächsten Attentat der Eta verlangen, die baskische Untergrundorganisation als gleichberechtigten Kontrahenten zu akzeptieren.

Dabei sagen die albanischen Separatisten deutlich, was sie von den Verhandlungen halten. Sie würden ihre Waffen erst niederlegen, wenn alle ihre »gerechten« Forderungen erfüllt seien, so Ali Ahmeti, der politische Führer der UCK. Für sie besteht die einzige Lösung des Konflikts in einem separaten Staat. Die Gespräche der albanischen Parteien mit der Regierung werden von der Nationalen Befreiungsarmee nur so lange toleriert, wie sie helfen, sie diesem Ziel näher zu bringen. Und während verhandelt wird, baut sie ihre Stellungen aus und schafft eigene Verwaltungs- und Polizeistrukturen.

Die mazedonische Regierung hingegen hat nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie verhandelt und setzt damit den Erhalt des Staates aufs Spiel. Oder sie reagiert militärisch auf die Attacken der UCK und wird für die Eskalation verantwortlich gemacht.

Als die Regierung in Skopje der Nato während des Kosovo-Krieges 1999 erlaubte, Truppen auf ihrem Territorium zu stationieren, war der Westen voll des Lobes für die »vorbildliche Republik«. Heute, da sie in ihrer Existenz bedroht ist, muss sie erleben, wie der Westen sich auf die Seite ihrer Feinde schlägt. Denn deutsche und US-amerikanische Kfor-Einheiten haben weder die UCK im Kosovo entwaffnet, noch die Verbindungswege nach Mazedonien gekappt - und damit erst die Voraussetzungen für den Konflikt geschaffen.

Nicht zuletzt die Bundesregierung in Berlin hat zur Eskalation beigetragen. Als im Februar die Kämpfe in dem bis dahin friedlichen Land begannen, schwadronierte Außenminister Joseph Fischer über die »offene albanische Frage« und lud damit die UCK zu weiteren Offensiven geradezu ein. Aber auch wenn militärische Fragen noch offen sind, steht die politische Antwort doch fest. Und zwar ganz im Sinne des deutschen Außenministers.