Klonforschung in den USA

Bush-Trommeln

Alle Welt staunt ins Sommerloch hinein. Die Vereinigten Staaten scheinen gerade der Weltöffentlichkeit zu demonstrieren, dass der Forschung Grenzen gesetzt werden können. Bisher war der Umgang mit den Biowissenschaften ganz anderer Art: Nahezu alles ist möglich, wenig ist verboten, und vieles wird mit öffentlichen Fördergeldern finanziert. Doch beim Embryo hört die Fortschrittseuphorie auf. Das US-amerikanische Repräsentantenhaus beschloss vor kurzem ein Klonverbot. Der Gesetzesentwurf, der noch den Senat passieren muss, verbietet jene Klonierungstechnik, die das Schaf Dolly berühmt machte. Die Fusion von Ei- und Körperzelle wird unter Strafe gestellt, gleichgültig ob sie der Fabrikation eines Menschen dient (reproduktives Klonen) oder der Gewebeproduktion (»therapeutisch« genanntes Klonen).

Nur Tage später ist das Thema erneut präsent. Die National Academy of Sciences lädt in Washington zu einem Kongress über die Klonforschung. Die Frauenärzte Severino Antinori und Panos Zavos, die im März ein »internationales Klon-Konsortium« gründeten, sowie die Chefin der Sekten-Firma Clonaid, Brigitte Boisselier, nutzen die Gunst der Expertenstunde. Sie kündigen Klonexperimente am Menschen an. Auch so kann man sich und seine Firma ins Gespräch bringen. Die versammelte Wissenschaftlergemeinde - einschließlich Ian Willmut, bekannt als Fabrikant des Klonschafs Dolly - ist empört. Man demonstriert den Willen zur Grenzziehung und zum rationalen Diskurs. Reproduktives Klonen? Ethisch verwerflich und wissenschaftlich nicht ausgereift.

Im dritten Akt der Aufführung empfiehlt Präsident George W. Bush, staatliche Fördermittel aus Washington für die boomende Stammzellenforschung zu beschränken. Geld soll es nur für die bereits bestehenden Kulturen geben. Die exklusive Herstellung von Embryonen und eine uneingeschränkte Nutzung der zahlreichen tiefgefrorenen Embryonen in den Befruchtungszentren lehnt Bush ab. Gleichzeitig soll die Forschung an anderen Ausgangsstoffen mit 550 Millionen Dollar gefördert werden.

Es hagelt Lob von allen Seiten. Die Vereinigten Staaten, ein Land der Wissenschaft und der Ethik. Dabei geht es hier um reine Machtpolitik. Bush und seine republikanische Gefolgschaft demonstrieren im Klima einer aufgeheizten Abtreibungsdebatte, dass Grundlagenforschung und projektierte Stammzell-Industrie möglich sind. Das anvisierte gesetzliche Verbot betrifft nicht die Forschung an Embryonen, sondern nur die Dolly-Technik. Die Empfehlung des Präsidenten pusht die öffentliche Förderung rund um die Stammzelle geradezu. Die Welt wird wissenschaftlich aufgerüstet, ohne gleichzeitig die moralische und rechtliche Sanktionierung der Abtreibung als bevölkerungspolitischen Zugriff auf Frauen aus der Hand zu geben.

Eine politische Kritik am System der Wissenschaft ist kaum zu hören. Die Ethik setzt allein an der embryonalen Substanz an. Die Ökonomisierung von Körpersubstanzen aller Art, seien es Hirnzellen, DNA-Schnipsel oder embryonale Gewebe, ist kein Thema. Die Kritik an der bio-medialen und bio-rechtlichen Verwandlung des Körpers in eine Art Lagerstätte für zirkulierende und Mehrwert produzierende Materialien bleibt auf der Strecke. Die letzten Hochkonjunkturen der Medienberichterstattung in Sachen Klonen, Stammzellforschung und Ethik potenzieren nicht nur das Wissen um die Nützlichkeit der Körper in ihrer Substanz. Sie bieten ein offenes Feld, um Wertkonservatismus und Fortschrittseuphorie zu versöhnen. Grenzziehungen im Wissenschaftsbetrieb erwachsen daraus keineswegs.