»Heimattage« in Kroatien

Volle Herzen, leere Mägen

Verzweifelt, aber mit großer List versucht die kroatische Regierung derzeit, ihre rigide Wirtschaftspolitik durchzusetzen. Die kürzlich beschlossenen Preiserhöhungen seien dazu geeiget, einen »sehr heißen Herbst« zu provozieren, erklärte Präsident Stipe Mesic Mitte August. Es führe aber kein Weg daran vorbei. Die Rede ist von der skandalösen Erhöhung der Telefongebühren um 300 Prozent und der Ankündigung, die Renten unter 2 500 Kuna (300 Euro) zu besteuern.

Zwar beschwerte sich die Regierung nach der Bekanntgabe der Maßnahmen wie üblich über die tendenziöse Berichterstattung der Medien, die die positiven Nachrichten immer verschweigen würden - gerade so, als würde sich die Regierung alle nur erdenkliche Mühe geben und nur nicht wissen, wie man die frohe Botschaft richtig präsentiert.

Tatsächlich aber war die Medienpolitik der Regierung sehr geschickt. Denn die Nachricht von den Preis- und Steuererhöhungen wurde nicht nur mitten in der Sommerzeit bekannt gegeben. Sie wurde vor allem kurz vor »Alka«, dem traditionellen, von der kroatischen Armee veranstalteten Reiterfest in Sinj, und fast zeitgleich mit den Kundgebungen zum sechsten Jahrestag von »Oluja«, dem so genannten Heimatkrieg zur Befreiung der Krajina, veröffentlicht.

Wie zu erwarten war, gab dort die kampferprobte Vereinigung HDZ-HV eine neue Kostprobe ihrer Putschpolitik gegen die »verräterische Regierung« zum Besten. Der Auftritt von Regierungschef Ivica Racan in Knin wurde boykottiert und anschließend der »größte Sieg der kroatischen Geschichte« ausgiebig gefeiert. In Sinj wurde Mesic beleidigt und seine Absetzung gefordert. Der Sieger des Festes, Ivica Peric, wurde sogar daran gehindert, die Trophäe aus den Händen des Präsidenten entgegen zu nehmen, und dies alles auf einer offiziellen Veranstaltung der Streitkräfte.

Addiert man noch die von den nationalistischen Kirchenvertretern gehaltenen »Messen für die Heimat« hinzu, ist das Ergebnis klar. Diese Woche war eine rechtsnationalistische Kirchweihe, die Teilnehmer versteckten ihre putschistischen Absichten in einem volkstümlichen Heiligenfest. Dazu passt, dass mehrere Bischöfe die Forderung der radikalen Nationalisten öffentlich unterstützen, die eine Suspendierung der internationalen Abkommen mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verlangen.

Doch merkwürdig ist, dass nach der Provokation von Sinj und Knin sowohl der Regierungschef als auch der Präsident schweigen. Sie verhalten sich so, als seien sie gar nicht davon betroffen und überlassen die Zuständigkeit den Medien, die sich mit den Vorfällen ausführlich beschäftigten. Selbst der Frage, ob er disziplinarisch gegen den diesjährigen Schirmherr des Reiterfestes, General Ante Kotromanovic, vorgehen werde, oder ob dies eine interne Angelegenheit des Verteidigungsministeriums sei, wich Mesic aus. Er habe dem General bereits eine »klare Botschaft zukommen lassen« - was immer das auch heißen mag angesichts der Tatsache, dass ein aktiver Offizier der Streitkräfte in einer politischen Rede faktisch den Sturz der Regierung gefordert hatte.

Doch der Grund, warum sich die Regierung gegenüber der rechten Bewegung so auffällig zurückhält, ist in ihrer eigenen Politik zu finden. Ihr kommt es gerade recht, dass in diesem Land die Menschen noch immer eher auf die Straße gehen wegen eines zu vollen heimatliebenden Herzens und nicht wegen eines leeren Magens.

Der Autor ist Mitarbeiter der kroatischen Wochenzeitung Feral Tribune