Australien verweigert die Aufnahme von Flüchtlingen

Taliban auf Kaperkurs

Wie mit schiffbrüchigen Flüchtlingen zu verfahren ist, ist Seeleuten schon seit Jahrhunderten klar. Sie sind zu retten und anschließend im nächsten Hafen an Land zu setzen. Daran konnte selbst die Umwandlung zum termingebundenen Frachtgeschäft nichts ändern. Wenn hilfsbedürftige Menschen im Meer trieben, wurde unweigerlich angehalten, ohne Rücksicht auf just in time-Lieferungen, Reederei-Vorgaben und verderbliche Ware.

So hätte es weitergehen können, wenn der harte Kurs der australischen Regierung gegen Flüchtlinge in der letzten Woche nicht die internationalen Vereinbarungen in Frage gestellt hätte. Das Containerschiff Tampa hatte 460 Schiffbrüchige, Afghanen, Philippinos und Sri Lankesen, aus akuter Seenot aufgenommen und plante, Australien anzusteuern, um die Flüchtlinge dort an Land zu setzen. Der Plan stieß auf heftigen Widerstand der australischen Regierung. Man wolle keinen Präzedenzfall schaffen, der weitere Flüchtlinge anziehen könne, erklärte Regierungschef John Howard. Die Tampa solle sehen, dass sie weiterkomme.

Die Küstenwache funkte, dem Schiff sei der Aufenthalt in australischen Hoheitsgewässern offiziell verboten. Kapitän Arne Rinnan ließ sich davon nicht beeindrucken, er antwortete kurz und knapp: »Wir kommen trotzdem.« Australien entsandte eine schwer bewaffnete Militäreinheit, die die Tampa kaperte, die aber gegen den bockigen Kapitän nichts ausrichten konnte. Er werde die Flüchtlinge in Australien absetzen, denn er könne nicht zulassen, dass Seerecht und Uno-Konventionen gebrochen würden, teilte Rinnan mit. Seine Reederei erklärte sich mit ihm solidarisch.

Das »Regime Howard«, wie Australien seither in der größten norwegischen Zeitung, Verdens Gang, gern genannt wird, blieb jedoch hart. Selbst als Mary Robinson, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte sich einschaltete und das Vorgehen des Landes verurteilte. Die von ihr vorgeschlagene Lösung - die Schiffbrüchigen dürfen auf den australischen Christmas Islands an Land gehen, werden dort versorgt und anschließend in aufnahmewillige Länder gebracht - wurde ebenfalls abgelehnt.

Statt dessen begann eine Kampagne gegen Norwegen. Der oberste Walschützer Australiens, Paul Watson, erklärte sich mit dem Vorgehen seiner Regierung einverstanden, »denn die Norweger sind die Hyänen der Meere. Obwohl, das wäre eine Beleidigung der Hyänen.« Er sei im Jahr 1994 von der norwegischen Marine brutal behindert worden, daher sei das jetzige Vorgehen mehr als richtig.

Australien erlaubte nicht einmal dem heimischen Roten Kreuz, an Bord zu gehen und die Flüchtlinge zu betreuen. Thorvald Stoltenberg, Präsident des norwegischen Roten Kreuzes und ehemaliger Außenminister, zeigte sich in einem Interview mit Verdens Gang entrüstet: »Ich habe noch nie etwas Derartiges erlebt. Die australische Regierung ist schlimmer als die Taliban; die haben dem Roten Kreuz nach einigem Hin und Her am Ende immerhin den Zugang erlaubt.« Das australische Rote Kreuz sei »empört und frustriert, denn Flüchtlinge brauchen mehr als warme Decken und Essen, sie müssen psychosozial versorgt werden.«

Neuseeland und der kleine Inselstaat Nauru, »dem das Regime von Howard ein Angebot machte, das er nicht ablehnen konnte« (Verdens Gang) erklärten sich schließlich zur Aufnahme bereit. Da die Tampa kein Zertifikat für den Transport von Menschen besitzt, entsandte Australien die Manoora, einen Truppentransporter der Kriegsmarine. Das Schiff bringt die Flüchtlinge nach Papua-Neuguinea, von dort sollen sie nach Nauru und Neuseeland geflogen werden. Noch aber wollen sich nicht alle mit der harten Haltung Howards abfinden. Vor einem Bundesgericht versuchen zwei Anwälte, das Recht der Flüchtlinge auf ein Asylverfahren in Australien durchzusetzen.