Demonstration gegen die Nato in Neapel

Dissens zeigen

Die Nato saß in Brüssel, doch durch die süditalienische Stadt Neapel zogen nach Angaben der bürgerlichen Tageszeitung La Repubblica dennoch mindestens 30 000 Demonstranten und protestierten gegen den drohenden Krieg, die Nato und den Terrorismus. Angesichts des verlegten Gipfeltreffens zogen es allerdings viele Gruppen und Organisationen im restlichen Italien vor, dezentrale Aktionen zu organisieren.

Seit dem Tod des Demonstranten Carlo Giuliani, der bei den Protesten gegen die Gipfelkonferenz der G 8 im Juli in Genua von einem Polizisten erschossen wurde, stand der geplante Nato-Gipfel im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte in Italien. Die Regierung um Silvio Berlusconi wollte keinen Rückzieher machen, »es findet auf jeden Fall in Neapel statt«, betonte sie fast täglich während der vergangenen acht Wochen.

Das Protestbündnis von Genua antwortete mit der Ankündigung einer Demonstration gegen den Gipfel der Kriegsallianz. Selbst nach den Anschlägen in den USA war sich Berlusconi sicher, dass der Gipfel in Neapel bzw. in der nahegelegenen Nato-Schule von Pozzuoli stattfinden würde. Es sollte die Nato selbst sein, allen voran die USA, die schließlich entschied, das Treffen aus Sicherheitsgründen nach Brüssel zu verlegen und auf einen Tag zu beschränken.

Die Veranstalter der Gegenaktivitäten, die neben der Demonstration während der gesamten Woche Veranstaltungen und Diskussionen vorsahen, beschlossen, die Demonstration dennoch durchzuführen. Sie hatte sich nach den Anschlägen vom 11. September in den USA in eine Demonstration gegen den Terror und gegen den Krieg verwandelt, wie auch viele von den Sozialforen in verschiedenen Städten organisierte Demonstrationen der vergangenen zwei Wochen.

Die »Bewegung gegen die Globalisierung«, so Franco Caruso, der Sprecher des no global-Netzwerks, »hat sich in eine Bewegung für den Frieden verwandelt. Wir sind weder auf Seiten Bushs noch auf Seiten Bin Ladens. Und wir wollen nicht, dass zu den unschuldigen amerikanischen Opfern noch weitere unschuldige Opfer in Afghanistan hinzukommen«. Es sei nun »notwendiger denn je, das Bewusstsein in Gang zu setzen, zu überlegen und Dissens zu zeigen«.

Am Donnerstagmittag setzte sich der bunte Zug in Bewegung, an dessen Spitze palästinensische und kurdische Delegationen mit Transparenten gegen den Krieg, für Frieden und für die Auflösung der Nato liefen, dahinter Jugendliche aus den Centri Sociali, Anhänger der Rifondazione Comunista, der in Neapel starken Arbeitslosenverbänden, der Basisgewerkschaften der Cobas, der Umweltbewegung, des Dritten Sektors, sowie Pazifisten, Katholiken und viele Schüler.

Trotz der vor allem von der rechten Regierung verbreiteten Hysterie kam es während der Demonstration zu keinerlei Zwischenfällen. Dabei hatten die zahlreichen Durchsuchungen und Repressalien gegen die italienische Linke während der vergangenen zwei Wochen etwas anderes befürchten lassen.

Zunächst wurden Hausdurchsuchungen in 15 verschiedenen italienischen Städten bei vermeintlichen Vertretern des »anarcho-insurektionalistischen« Spektrums durchgeführt. Doch von den etwa 60 ursprünglich vorgesehenen Haftbefehlen wurde schließlich kein einziger vollzogen, da sie offensichtlich jeder Grundlage entbehrten. Eine Woche später traf es die Jugendlichen eines besetzten Zentrums in Florenz, doch auch hier erwies sich die Polizeiaktion nur als ein Schlag ins Wasser.