Rot-Grün einigt sich auf ein Zuwanderungsgesetz

Einwandern? Muss nicht!

Zum vierzigsten Mal jährte sich Ende Oktober der Anwerbevertrag mit der Türkei - Anlass genug für die Wohlmeinenden in der Republik, in diversen Städten kleine Feiern zu veranstalten. In Köln etwa versammelten sich rund 500 Personen in der Philharmonie, um mit dem Bürgermeister, dem Ausländerbeirat und dem Vorstand der Ford-Werke das Ereignis zu würdigen. Rita Süssmuth war zwar angekündigt, ließ sich jedoch entschuldigen. Man entschädigte das Publikum mit wiederholten Auftritten des Ford-Sinfonie-Orchesters.

Überhaupt Ford: »Türkölsch« heißt nun die Devise. Vergessen sind die Tage des legendären Streiks von türkischen Arbeitnehmern im Jahre 1973, bei dem das Werk den »Türkenterror« mit einer Mischung aus rassistischer Propaganda, eigenen Anti-Guerilla-Einheiten und der Polizei beenden ließ. So gründlich vergessen, dass man gar nicht mehr davon reden mag. Fords Integrationspolitik nennt sich heute zeitgemäß »Diversity«.

Irgendwie vergesslich beim Erinnern waren auch die anwesenden Politiker. Nicht nur hatten sie ganz aus den Augen verloren, dass der zelebrierte Anwerbevertrag ein Vertrag zweiter Klasse war. Im Vergleich zu den Kontrakten mit anderen europäischen Ländern enthielt der mit der Türkei neben wesentlich schärferen Aufenthaltsbeschränkungen auch ausdrücklich seuchenhygienische Bestimmungen. Darüber hinaus war ihnen entfallen, dass die Geschichte der Einwanderung in die Bundesrepublik überhaupt keine Erfolgsgeschichte ist.

Nicht umsonst hat die Koalition gerade mal wieder 180 Überstunden mit Verhandlungen zum »Reizthema« zugebracht. Die Angelegenheit ist so heikel, dass selbst nach 40 Jahren nie mehr als ein »Kompromiss« herauskommt. Dabei ist die Kommentierung des neuesten »Kompromisses« eine riskante Sache. Denn schon wenn diese Zeitung erscheint, könnte Schily das Ganze wieder an die Union verscherbelt haben.

Andererseits lohnt ein Kommentar eigentlich nicht. Die Grünen haben das Alter für den Kindernachzug von nicht so gut qualifizierten Einwanderern von 12 auf 14 Jahre hoch gehandelt - scheißegal, das liegt längst im Kompetenzbereich der EU. Geschlechtsspezifische Verfolgung wird anerkannt, vor allem bei Frauen aus Afghanistan - ebenfalls scheißegal, aus Afghanistan kommt ohnehin keiner mehr raus. Am Ende wurden alle Kröten dieses armseligen Gesetzentwurfes geschluckt, der nichts anderes ist als die Wiederauflage des alten Gastarbeitersystems.

Und was bedeutet schon Zuwanderung angesichts des beschlossenen Sicherheitspaketes? Die Existenz von »Schläfern« hat die wildesten bundesrepublikanischen Vorstellungen vom Einwanderer wahr werden lassen. Selbst wenn sie sich »integrieren«, diese Anderen, bleiben sie dennoch bloß »gehetzte heimatlose Individuen«. Ohne »Heimat« werden sie schließlich zu »menschlichen Robotern, die auf Kommando explodieren« (Spiegel).

Hierzulande kommt alles Böse weiterhin von außen. In diesem Sinne soll nun Islamistenführer Metin Kaplan in seine »Heimat« Türkei abgeschoben werden. Dabei heißt er nicht umsonst »Kalif von Köln«. Organisationen wie die seine haben etwas zu tun mit einer Einwanderungspolitik, die den Menschen den Zutritt zur Gesellschaft verweigert.

»40 Jahre Einwanderung aus der Türkei«? Tatsächlich wurden »die Türken« nicht nur mit Seuchenverordnungen willkommen geheißen. Die Bundesrepublik arbeitet mit Sondergesetzen, wirtschaftlicher Diskriminierung, Bedrohungsängsten und rassistischen Attacken daran, dass sie auch »die Türken« bleiben. Dazugehören sollen sie jedenfalls nicht. Als Einwanderer würde ich um Deutschland einen großen Bogen machen. Wie die Zahlen zeigen, sind inzwischen viele Emigranten zu diesem Schluss gekommen.