Parteitag der KPF

Paix & Guerre

Während die französischen Grünen den Krieg befürworten, fordert die KP sein sofortiges Ende.

Zum Auftakt des kommunistischen Parteitags gleich eine Panne: Dominique Grador forderte von der internationalen Staatenwelt die »Ausrottung des Kommunismus«. Die Delegierten im Saal hielten die Luft an. Die Vorsitzende des Nationalrats der französischen kommunistischen Partei fuhr in ihrer Rede fort, ohne den Lapsus zu bemerken. Nicht den »Kommunismus«, sondern den »Terrorismus« wollte sie eigentlich ausgerottet sehen, das ergab der Kontext ihrer Rede. Ein fieser Lapsus.

Am vorletzten Wochenende trat der 31. Parteitag in der Geschichte des Parti Communiste Français (PCF) zusammen. Vom legendären Mief war im hypermodernen Kongresszentrum der Pariser Vorstadt La Défense nichts zu spüren. Auch die personelle Zusammensetzung der PCF-Versammlung trug dazu bei. Jede und jeder dritte Delegierte, die und der ans Mikrophon trat, war kaum älter als 30. Zahlreiche Parteimitglieder maghrebinischer oder afrikanischer Herkunft schalteten sich in die Diskussion ein. Insgesamt ein ungewohntes Bild für eine Partei, deren Kongresse bis vor einem knappen Jahrzehnt vor allem vom Bild des männlichen, europäischstämmigen Facharbeiters um die 50 geprägt waren.

Inzwischen wird auch auf dieser Veranstaltung kontrovers diskutiert. Frühere PCF-Kongresse hinterließen den Eindruck, dass alle Entscheidungen ohnehin schon im Vorfeld getroffen und durch die Delegierten nur noch abzunicken waren. Auf dem diesjährigen Parteitag wurde zugleich deutlich, dass die Mehrheit der Mitglieder - anders, als dies Teilen ihres Führungspersonals ohne Zweifel lieb wäre - keiner zeitgeistkonformen Organisation angehören wollen. In den letzten Jahren, unter Führung von Robert Hue, schien die Partei vor allem durch modisch wirkende Äußerlichkeiten um Sympathie zu werben, und die meisten Delegierten wirkten von diesem Politikverständnis ihrer Spitze nicht begeistert.

Ein wichtiges Thema des Kongresses war die PCF-Position zum Krieg in Afghanistan. Noch wenige Wochen zuvor war es kaum möglich gewesen, aus den verschiedenen Stellungnahmen der kommunistischen Partei zu entnehmen, ob sie nun für oder gegen die US-Intervention im Mittleren Osten votierte.

Die französische KP hat vor allem deshalb Schwierigkeiten, sich in dieser Frage klar zu positionieren, weil sie zwischen sehr unterschiedlichen Politiktraditionen hin- und hergerissen ist. Zum einen hatte der PCF, wie andere orthodoxe kommunistische Parteien auch, in den achtziger Jahren die sowjetische Kriegführung in Afghanistan gerechtfertigt. Dadurch wurde der PCF beständig in seiner scharfen Gegnerschaft zum Islamismus bestärkt, denn diese legitimierte die Position gegenüber der UdSSR. Hinzu kommt die besondere Nähe der französischen KP zu den algerischen Ex-Kommunisten. Zum anderen wurde die Partei aber auch jahrzehntelang durch einen antiimperialistischen Diskurs geprägt, der mal - bisweilen mit patriotischen Tönen unterlegt - die USA denunzierte und auch mal den französischen Kolonialismus kritisierte.

Auswirkungen auf die innerparteiliche Diskussion haben zudem die realpolitischen Notwendigkeiten, die sich aus der Regierungsbeteiligung des PCF ergeben. So hatte Ex-Parteisekretär Robert Hue in seiner ersten Stellungnahme zu den Terroranschlägen am 13. September pauschal seine Solidarität mit dem amerikanischen Volk »und den Führungsleuten, die es sich gegeben hat« ausgesprochen. Eine Solidaritätsbekundung, die den zivilen Opfern und der US-Politik gleichermaßen galt, stieß jedoch in der Partei auf heftigen Widerspruch. Mit dem Hinweis, er habe im Namen einer Partei gesprochen, die schließlich auch Minister in der Regierung stelle, hatte Hue seine Äußerung später gerechtfertigt.

Auf dem Parteitag nun bezog der PCF Position gegen das militärische Vorgehen in Afghanistan. In einer Resolution sprach sich die Versammlung für ein sofortiges Ende der Bombardierungen aus, wobei die Delegierten vor allem jenen RednerInnen applaudierten, die sich dafür einsetzten, auch die besondere Rolle Frankreichs innerhalb der militärischen Allianz in die Kritik einzubeziehen.

Wesentlich unübersichtlicher verlaufen die politischen Fronten bei der ebenfalls als links geltenden Regierungspartei, bei den Grünen. Das mag vor allem daran liegen, dass die Partei zurzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt ist, insbesondere ging es ihr in den letzten Wochen um die Demontage des im Frühsommer nominierten Präsidentschaftskandidaten Alain Lipietz. Der ist mittlerweile auch geschasst worden.

In einer ersten Reaktion nach Beginn der Bombardierung Afghanistans verurteilte am 7. Oktober Noël Mamère den »Akt des Krieges gegen das afghanische Volk«. Noch in den letzten beiden Kriegsdebatten - zum Irak 1991 und zum Kosovo 1999 - hatte der sozialliberale Spitzenmann des Realo-Flügels eine militärische Intervention befürwortet.

Hingegen erklärte Ex-Umweltministerin Dominique Voynet, die eher die Mitte der Partei vertritt, in einer ersten Stellungnahme, die Grünen stünden einer Intervention nicht feindlich gegenüber. Mittlerweile hat sie sich kritisch zur konkreten »Form« der Intervention geäußert.

Ohne Zweifel hatten diese spontanen Erklärungen grüner ProtagonistInnen vor allem etwas mit innerparteilichen Profilierungsversuchen zu tun. Denn Noël Mamère setzte alles daran, anstelle des aus dem Mitte-Links-Spektrum der Partei kommenden Lipietz, der eine ausgesprochen schlechte Figur machte, selbst zum Präsidentschaftsbewerber nominiert zu werden.

Unterdessen hat sich der prominenteste Vertreter des grünen Zeitgeists zu Wort gemeldet, der stets etwas zu melden hat, wenn es um die Befürwortung westlicher Kriege »gegen die Barbarei« geht: der deutsch-französische Grünenpolitiker Daniel Cohn-Bendit. Er ist mit dem medienwirksamen Kandidaten Mamère, einem ehemaligen Fernsehjournalisten befreundet, bemängelte aber, dass »Mamère eine sehr ängstliche Position zum amerikanischen Gegenschlag hat, die im Widerspruch zu seinen Positionen hinsichtlich Bosniens und des Kosovo« stehe.

Neuerdings hat Cohn-Bendit an diesem Dissens auch Vorteile entdeckt. »Die Hälfte der potenziellen Wählerschaft Noëls ist für die Intervention, die andere nicht.« Diese Beobachtung trifft in etwa zu. Zugleich hat Cohn-Bendit wenigstens so offen wie zynisch ausgesprochen, welchen Wert Positionen zum Krieg für einen grünen Berufspolitiker haben. Sie dienen allein dazu, seine Partei beim Wahlpublikum so gut wie möglich zu verkaufen.