Friedensprozess in Nordirland

Tricky Trimble

David Trimble ist wieder Erster Minister der nordirischen Selbstverwaltung. Anthony Blair sprach von einer »großen Leistung«. Der irische Premierminister Bertie Ahern hob den »richtungsweisenden Charakter« der Wiederwahl des Vorsitzenden der probritischen Ulster Unionist Party (UUP) hervor.

Alle Seiten sind also zufrieden. Fast alle. Denn nachdem die begonnene Entwaffnung der IRA den stockenden Friedensprozess wieder ein wenig angeschoben hatte, spalten sich nun die Protestanten immer deutlicher in Befürworter und Gegner des Karfreitagsabkommens. So verhinderten in der vorletzten Woche nicht nur die radikalen Loyalisten von Ian Paisleys Democratic Unionist Party (DUP) zunächst die Wiederwahl Trimbles, auch zwei Abgeordnete der UUP stimmten gegen ihren eigenen Parteivorsitzenden. Die Selbstverwaltung in Stormont, dem Sitz der nordirischen Regierung, konnte nur durch den recht fragwürdigen Verfahrenstrick gerettet werden, die Abgeordneten der bislang neutralen Alliance Party in einem zweiten Wahlgang als Unionisten für den Friedensnobelpreisträger abstimmen zu lassen.

Die Hardliner unter den Loyalisten, so schien es, hatten durch die ersten unbrauchbar gemachten Waffen der IRA ihren stichhaltigsten Vorwand verloren, spürbare Fortschritte im nordirischen Friedensprozess zu blockieren. Nach dem Demobilisierungsangebot der IRA war es an den Unionisten und der britischen Regierung, guten Willen zu zeigen. Und tatsächlich beorderte Trimble, der im Juli aus Protest gegen die Verzögerungstaktik der IRA in der Entwaffnungsfrage zurückgetreten war, seine Minister zurück in ihre Ämter. Er selbst bekundete Bereitschaft, der Selbstverwaltung wieder vorzustehen, und London unternahm erste Schritte in der von den Republikanern geforderten Entmilitarisierung katholischer Hochburgen.

Auch die von der DUP gestellten Minister nahmen ihre Ämter wieder auf. Wie es aussieht jedoch nur, um sie nicht anderen Parteien zu überlassen. Denn mit der Ablehnung Trimbles machte die DUP, unterstützt von den beiden Abgeordneten aus Trimbles UUP, ihre Ablehnung des Friedensprozesses deutlich.

Ein Scheitern der Provinzregierung in der derzeitigen Form hätte entweder die Rückkehr zur britischen Direktverwaltung oder aber Neuwahlen zur Folge gehabt, bei denen die radikalen probritischen Parteien nach Umfragen deutlich dazugewonnen hätten. Das Argument der Trimble-Gegner, der UUP-Vorsitzende habe der IRA und Sinn Fein zu viele Zugeständnisse gemacht, verkennt vor allem die Haltung der Republikaner, die sich seit langem deutlich für den Friedensprozess aussprechen.

Seit seinem trotzigen Rücktritt im Juli versuchte sich Trimble im Spagat: Einerseits bemühte er sich, die Loyalisten bei der Stange zu halten und andererseits den Kontakt zu den Republikanern nicht ganz zu verlieren. Bisweilen, so hatte man den Eindruck, nahm er dabei auch das Scheitern des Karfreitagsabkommens in Kauf. Doch Trimbles Kalkül schien aufzugehen. Die IRA setzte schließlich die angekündigte Waffenvernichtung in die Tat um, und Trimble glaubte, in der hoch emotionalisierten Entwaffnungsfrage einen klaren Erfolg errungen zu haben, der ihm die Sympathien auch der radikalen Loyalisten sichern würde.

Genau die sind ihm jetzt jedoch in den Rücken gefallen. Denn das Karfreitagsabkommen beinhaltet mehr als die Entwaffnung der IRA, es geht auch um die Demobilisierung der loyalistischen Paramilitärs. Oder, was noch gewichtiger sein dürfte, um eine Reform der nordirischen Polizei, in der loyalistische und republikanische Beamte zukünftig paritätisch vertreten sein sollen. Beides stößt bei den radikalen Loyalisten auf Widerstand.

So teilen in Nordirland auch nicht viele den Optimismus von Blair, der letzte Woche versicherte, die nordirische Bevölkerung könne sich nun »auf eine Zeit stabiler Regierungsverhältnisse freuen«.