Der Kreis schließt sich

Die Leugnung des Holocaust verbindet islamistische und rechtsextreme Gruppen. Konvertiten spielen dabei eine herausragende Rolle.

Zur gleichen Zeit als die amerikanischen Bombardements in Afghanistan begannen, konnten sich in Triest führende Köpfe des internationalen Revisionismus ungestört zu einer zweitägigen Konferenz treffen. Berichte über diese Zusammenkunft am ersten Oktoberwochenende fanden sich nur in rechten Postillen.

Ende März dieses Jahres hatte die libanesische Regierung ein ähnliches Treffen in Beirut nach der Intervention arabischer Intellektueller verboten. Danach übernahm die rechte Vereinigung Nuovo Ordine Nazionale die Vorbereitungen für eine Neuauflage der Konferenz unter dem Titel »Der Revisionismus und die Würde der Besiegten«. Führer dieser Vereinigung ist Angelo Cauter, der für Nordost-Italien zuständige stellvertretende Sekretär des Movimiento Fascismo e Libertà.

Unter dem Eindruck der Terroranschläge vom 11. September suchten die Rechtsextremen und Antisemiten in der veränderten Weltlage ihren Vorteil. Israel wolle »den totalen Krieg«, erklärte der amerikanische Revisionist Russ Granata. Ohne die amerikanische Unterstützung Israels, so sein Fazit, hätte es keine Anschläge gegeben. Die Rechtfertigung für die proisraelische Haltung der US-Regierung liefere der »angebliche Holocaust«, fügte der in Australien lebende Deutsche Fredrick Toben hinzu. Deshalb sei, so der Amerikaner Robert Countess, für die islamischen und arabischen Staaten die Zeit gekommen, »die Forschungsarbeit der Revisionisten an ihren Universitäten gebührend zu beachten und zu fördern«.

Diese Botschaft verkündet der islamischen Welt seit Jahren Ahmad Rami, ein weiterer Referent der Triester Konferenz. Der 1946 in Marokko geborene und 1973 nach Schweden geflüchtete Islamist gründete 1987 in Stockholm den Kurzwellensender Radio Islam. Seine antisemitische und revisionistische Propaganda brachte ihn 1990 für sechs Monate hinter Gitter. Wieder auf freiem Fuß, sorgte er für die Vernetzung westlicher, russischer und islamistischer Rechtsextremisten und Holocaustleugner. 1996 begann er, unter US-amerikanischen und russischen Adressen ein mehrsprachiges Internetportal aufzubauen.

Auf diesen Seiten sind nicht nur in Deutschland verbotene Schriften wie »Mein Kampf« und die »Protokolle der Weisen von Zion« abrufbar, sondern auch Aufsätze zahlreicher Nazigrößen und Revisionisten wie Ernst Zündel, Jürgen Graf, Roger Garaudy sowie Schriften des türkischen Holocaustleugners Adnan Oktar, alias Harun Yahya.

Rami, der enge Kontakte zum geistigen Führer der radikalen libanesischen Hisbollah, Ayatollah Fadlallah, zu den Hardlinern im Iran und auch nach Ägypten pflegt, propagiert einen islamistischen Nationalismus, basierend auf der arabischen Kultur. Der Weg zur Errichtung des »einzig legitimen Nationalstaates, der die Gesamtheit der islamischen Nation umfasst«, ist für Rami eine »aufgeklärte und radikal-islamische Revolution«.

Unter dem Deckmantel des Antizionismus verbreitet er einen aggressiven Antisemitismus. »Erhöben die Juden bloß Anspruch auf Palästina, so könnte man einen Kompromiss finden«, erklärte er in Triest. Aber die christliche und muslimische Welt sei »von der jüdischen Mafia okkupiert«, und Hitlers faschistischer Weltkrieg war in Ramis Darstellung »eine Intifada des deutschen Volkes gegen die jüdische Okkupation«.

Rami arbeitet nicht nur eng mit Graf, dem Übersetzer seiner Schriften ins Deutsche, sondern auch mit dem zum Islam konvertierten Schweizer Rechtsextremisten und Holocaustleugner Ahmed Huber zusammen. Dieser wiederum ist eingebunden in das Netzwerk der Islamischen Gemeinschaft Deutschland (IGD). Der Hauptsitz dieser Bewegung ist das Islamische Zentrum (IZ) in München. Als Mitglied des Verwaltungsrats der vom Vorsitzenden der IGD betriebenen Finanzierungsgesellschaft Al Taqwa / Nada geriet Huber jetzt in den Verdacht, Geld an bin Ladens al-Qaida weitergeleitet zu haben.

Rami, Graf und Huber finden mit ihren antisemitischen Vorträgen und Schriften sowohl in rechtsextremen und islamistischen Kreisen als auch in der muslimischen Welt offene Ohren. Das ARD-Magazin »Report aus München« berichtete am 19. November von einem Auftritt Hubers bei einem Treffen von 1 500 NPD-Anhängern im ostdeutschen Grimma. Der oberste geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Khamenei, habe »sich gegen die Behauptungen der Zionisten über den so genannten Holocaust gewandt und die Muslime gewarnt, sie sollten nicht alles glauben«, verkündete Huber zur Freude der Anwesenden.

Glühende Anhänger Khameneis und der libanesischen Hisbollah sind auch die deutsch-türkischen Brüder Yavuz und Gürhan Özoguz, die das islamische Internetportal »muslim-markt« betreiben. Den Link zur Internetseite ihres Glaubensbruders Rami deaktivierten sie nur deshalb, weil sie »darauf hingewiesen wurden, dass die Seite Texte beinhaltet, die in Deutschland verboten sind«.

Revisionistische Schriften kann man in ihrem moderierten Diskussionsforum dagegen weiterhin lesen. So wird der zum Islam konvertierte ehemalige französische Kommunist und Holocaustleugner Roger Garaudy als ein in der islamischen Welt anerkannter »Märtyrer der Meinungsfreiheit« vorgestellt.

Die Gemeinsamkeiten von rechtsextremen und islamistischen Gruppen betreffen aber nicht nur ihren Antisemitismus und Antizionismus, sondern auch den Kampf gegen die politische, wirtschaftliche, militärische und kulturelle Hegemonie der USA. Gegen die imperialistische Globalisierung unter der Vorherrschaft der USA setzen die Islamisten als einzige verbliebene Alternative den Islam, verstanden als ideologisches Fundament einer eigenen Gesellschaftsordnung. Manchem Rechten schien diese Alternative so verlockend, dass er deshalb konvertierte.

Ein Beispiel dafür ist die weltweite Bewegung der Murabitun, deren deutscher Ableger die 1995 gegründete »Islamische Gemeinschaft in Deutschland/Weimar Institut« mit Sitz in Erfurt ist. Sie bietet ihren Anhängern ein »Konglomerat an alt- und neurechtem Gedankengut, gepaart mit Religion«, wie Anton Maegerle im April 1992 im Rechten Rand schrieb. Ihre Mitglieder sind hauptsächlich Konvertiten. Die Führung des Weimar Instituts gibt die deutschsprachige Publikation Islamische Zeitung mit Sitz in Potsdam heraus.

Der Gründer der Murabitun ist der Schotte Ian Dallas, der sich einem mystischen islamischen Orden in Marokko anschloss und seitdem den Namen Scheich Abdulqadir as-Sufi führt. Die spanische Stadt Granada und Schottland sind die Zentren dieser modernen Kalifatsbewegung, die gegen die »Weltverschwörung des Kapitals« predigt. Nur die Wiedererrichtung des islamischen Kalifats osmanischer Prägung in Istanbul könne der Verschwörung der USA, Europas und Israels Paroli bieten, verbreiten sie in ihren Schriften. Propagiert wird ein Finanz- und Wirtschaftssystem auf islamischer Grundlage, das »Wucher« und Papiergeld verbietet. Der Präsident der Murabitun mit dem islamischen Namen Umar Ibrahim Vadillo reist deshalb unermüdlich durch die Welt, um seine auf Gold und Silber basierende Währung Dinar und Dirham zu etablieren.

Mit umfangreicher Mission in Osteuropa und auf dem Balkan versuchen sie, ihre Anhängerschar zu vergrößern. Das Weimar Institut konzentriert sich auf Ostdeutschland, wo »es im Grunde keine Voreingenommenheit gegenüber dem Islam gibt«, wie im April 1999 in der Islamischen Zeitung zu lesen war. Sie wollen an die »Ängste und Nöte der Menschen« anknüpfen, die aus der sozialen und ökonomischen Situation resultieren. Ihr Fazit: »Die Ostdeutschen reagieren sehr positiv auf unser Programm.«

Die Keimzelle der deutschen Murabitun liegt allerdings in Süddeutschland. In Freiburg begannen Vadillo und Dallas, die Personen um sich zu scharen, die dann Mitte der neunziger Jahre in Richtung Osten zogen. Zum Freiburger Kreis gehören der Vorsitzende des Weimar Instituts und Herausgeber der Islamischen Zeitung Andreas Abu Bakr Rieger, der Geschäftsführer Fritz Ahmad Gross sowie Tilo Mujahid Hirsch, auf dessen Internetfirma das gesamte Online-Netzwerk der Gemeinschaft angemeldet ist.

1991 gab es in Freiburg Proteste gegen einen antisemitischen Vortrag des schottischen Scheichs. Auch dem Sektenbeauftragten der katholischen Kirche in Sachsen, Gerald Kluge, fiel diese Gruppe bereits in diesem Jahr »durch ihre aggressive Sprache und kaum verhohlenen Fundamentalismus« auf. Ein Auftritt an der Dresdener Universität wurde ihnen daher 1991 verwehrt.

Das alles ist heute längst vergessen. Zwischen Jena und Hannover veranstaltete das Weimar Institut in diesem Jahr ungestört seine »Missionstour«. Auch die Zusammenarbeit mit den »türkischen Brüdern« konnte ausgebaut werden. Und hier schließt sich der Kreis wieder: Seit Juni sitzt Rieger im Vorstand des Islamrats. Der Islamrat ist jene Dachorganisation, die von der größten türkisch-islamistischen Gemeinschaft in Deutschland, der Milli Görüs, dominiert wird. Und in den Moscheen der Milli Görüs und über Links der inzwischen gelöschten Homepage werden auch die Werke des türkischen Revisionisten Harun Yahya verbreitet.