Außenministertagung der Arabischen Liga

Normalisierung abgesagt

Vom saudischen Friedensplan war bei der Außenministertagung der Arabischen Liga nicht mehr die Rede. Die Regierungen stehen unter dem Druck von Protesten, die eine härtere Politik gegenüber Israel fordern.

Von schlechter Presse lässt sich Jörg Haider nicht abschrecken. Anfang letzter Woche startete er einen neuen Versuch, sich in der internationalen Diplomatie zu profilieren und lancierte die Idee einer Friedenskonferenz des Irak und Kuwaits in Österreich. Doch Kuwait, so musste das österreichische Außenministerium einen Tag später einräumen, ließ keine Bereitschaft erkennen, auf den Vorschlag einzugehen.

Ein solches Treffen scheint momentan ohnehin überflüssig zu sein. Zwar ist es selbst bei der Einbeziehung seriöser Vermittler unwahrscheinlich, dass die in der Abschlusserklärung des Gipfeltreffen der Arabischen Liga geforderte Regelung des Konfliktes zwischen dem Irak und Kuwait zustande kommt. Aber die demonstrativen Versöhnungsgesten zwischen irakischen, saudischen und kuwaitischen Delegierten beim Beiruter Gipfeltreffen der Arabischen Liga signalisierten, dass auch die engsten arabischen Verbündeten der USA derzeit einen Krieg gegen den Irak nicht unterstützen.

Vom zweiten dominierenden Thema des Gipfels, der Friedensinitiative des saudischen Kronprinzen Abdullah, ist seit der Eskalation der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen überhaupt nicht mehr ernsthaft die Rede. Der von Abdullah eingebrachte Vorschlag eines Aufbaus von »normalen Beziehungen« zwischen den arabischen Staaten und Israel im Anschluss an einen israelischen Abzug aus den 1967 besetzten Gebieten war bereits vor dem Gipfel äußerst umstritten (Jungle World, 14/02). Länder wie Syrien oder der Libanon sahen sich aber noch gezwungen, wenigstens die Bereitschaft zu einem Ausgleich mit Israel vorzugeben.

Auf der kurzfristig anberaumten Tagung der Außenminister der Arabischen Liga am Wochenende in Kairo klang das schon anders. Aus Protest gegen die Weigerung Jordaniens und Ägyptens, ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen, lehnten es Syrien und der Libanon ab, ihre Außenminister zu dem Treffen zu entsenden. Auch der Irak, der ähnlich wie der Iran einen Ölboykott zur Unterstützung der Palästinenser forderte, verzichtete auf die Teilnahme. Aber selbst Ägypten und Jordanien zeigten sich gegenüber Israel wenig gesprächsbereit. Während Jordanien vorläufig an diplomatischen Beziehungen festhält, verkündete der ägyptische Präsident Hosni Mubarak, sich zukünftig auf Kontakte mit Israel zu beschränken, die »der palästinensischen Sache dienen«.

Auch die Forderung von US-Präsident George W. Bush, Israel solle sich »ohne Verzögerung« aus den palästinensischen Gebieten zurückziehen, und seine Ankündigung, Außenminister Colin Powell in die Region zu entsenden, änderten an dieser Stimmung nichts. Die verstärkten US-amerikanischen Bemühungen und insbesondere die Erklärung über die Notwendigkeit eines palästinensischen Staates wurden begrüßt, doch verschiedene Teilnehmer bezweifelten die Ernsthaftigkeit der Absichten.

Der palästinensische Planungsminister Nabil Shaath warnte am Samstag die versammelten Regierungsvertreter eindringlich davor, sich von der Rede Bushs in die Irre führen zu lassen. Bereits die Verzögerung der Entsendung Powells sei nichts anderes »als grünes Licht für Premierminister Sharon, Massaker an den Palästinensern zu verüben«. Mit Blick auf die Tagungsteilnehmer erklärte Shaath: »Man muss sich weigern, Powell oder irgendeinen anderen amerikanischen Verantwortlichen zu treffen, wenn er sich weigert, Arafat zu treffen.«

Ägypten und Jordanien kritisieren zwar Andeutungen der US-Regierung, Arafat möglicherweise als Verhandlungspartner fallen zu lassen. Sie sind bisher aber nicht bereit, Schaaths Forderung zu erfüllen. Mubarak war in den letzten Monaten demonstrativ auf Distanz zu Arafat gegangen, als Israel Belege für die Beteiligung der palästinensischen Autonomiebehörde am Waffenschmuggel in den Gazastreifen vorlegen konnte, und hatte so die Grenzen des Engagements für die palästinensische Sache deutlich gemacht.

Seine Regierung steht jedoch unter dem Druck der Öffentlichkeit. Arafats Ankündigungen aus seinem belagerten Hauptquartier in Ramallah gegenüber verschiedenen arabischen Fernsehsendern, im Kampfe sterben zu wollen, und sein wiederholtes Versprechen, die Märtyrer der arabischen Nation würden in Bälde siegreich »nach Jerusalem marschieren«, finden in den wachsenden Protesten ihren Widerhall.

Mittlerweile gibt es täglich Demonstrationen vor ägyptischen Schulen, Universitäten und Moscheen, die islamistische Muslimbruderschaft präsentierte kürzlich eine Einheit von Freiwilligen für Selbstmordanschläge. Seit letzter Woche berichtet selbst die Regierungspresse von den Kundgebungen, die immer wieder mit Polizeigewalt aufgelöst wurden. Gerade im Stadtzentrum und auf dem Universitätsgelande in Kairo erinnerten die Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei an die blutigen Szenen, die sich während des zweiten Golfkrieges abspielten.

Auf Diskussionsveranstaltungen, die von Berufsverbänden, Journalisten- und Künstlervereinigungen organisiert werden, protestieren manchmal mehr als tausend Teilnehmer unterschiedlicher politischer Herkunft gegen das »Schweigen der arabischen Institutionen über die zionistischen Verbrechen am palästinensischen Volk und an dessen Nationalsymbol Yassir Arafat«. Anhänger der Muslimbruderschaft und der islamistischen Arbeitspartei treffen sich dabei immer wieder mit säkularen Nasseristen und anderen linken Gruppierungen.

Ähnliche Szenen spielen sich auch in anderen Ländern ab. Die Forderung des jordanischen Fußballerverbandes an die Fifa, Israels Mitgliedschaft im internationalen Verband ruhen zu lassen, solange »in Palästina die Infrastruktur, und insbesondere der Fußball« von den israelischen Angriffen zerstört würden, ist dabei noch zurückhaltend.

Ähnlich wie die ägyptische sehen sich auch andere arabische Regierungen durch die Proteste in Erklärungsnöte gebracht. Selbst die saudische Monarchie muss sich mit Straßenprotesten auseinandersetzen. Während die Repression gegen Oppositionelle in Jordanien und Ägypten und die Welle von Strafverfahren internationale Proteste auslösten, hat zwar Saudi-Arabien noch immer freie Hand, politische Konflikte polizeilich zu lösen. Dennoch sieht man sich genötigt, den Spagat zwischen Realpolitik und Solidaritätsbekundungen zu rechtfertigen. So wies der saudische Außenminister Saud al-Faisal die irakischen Forderungen nach einem Ölboykott mit der originellen Begründung zurück, man könne die Intifada nicht finanziell unterstützen, wenn man auf die Öleinnahmen verzichte.

Allerdings warten die Palästinenser bisher vergeblich auf das angekündigte Geld aus den Öleinnahmen. Dennoch bemühte der saudische Innenminister Prinz Naif ein ähnliches Argument gegen Demonstranten. Proteste würden nicht toleriert, erklärte der Prinz, denn »wir im Königreich sind an Taten interessiert, nicht an leeren Worten«. Statt zu protestieren, sollten die Saudis daher für das königliche Komitee zur Untersützung der Intifada spenden.