Buko feiert sein Jubiläum

Öffnen statt helfen

Soli-Arbeit ist out. Deshalb heißt Buko jetzt Bundeskoordination Internationalismus und zeigt sich zum 25jährigen Jubiläum mit neuem Gesicht.

Entwicklung klingt nach Hilfe. Irgendwer - es waren immer die anderen - sollte da 'entwickelt' werden, nach unserem Vorbild.« Und: »Ein linker Internationalismusbegriff kann heute nicht mehr auf den Begriff 'entwicklungspolitisch' Bezug nehmen«, erklärt die Buko 25-Vorbereitungsgruppe in der Zeitung zum Jubiläumskongress, der am Donnerstag in Frankfurt am Main beginnt.

Geht der Plan der Vorbereitungsgruppe auf, werden deutlich mehr und auch andere Leute zusammenkommen als in den vergangenen Jahren. Das liegt nicht nur am Jubiläum. Der Buko hat sich vorgenommen, ein Vierteljahrhundert internationalistischer Praxis in Deutschland zu bilanzieren. Wichtiger aber wird der Versuch sein, die Organisation und den Kongress politisch zu öffnen. Deshalb heißt der Buko (Bundeskongress der entwicklungspolitischen Aktionsgruppen) künftig die Buko: Bundeskoordination Internationalismus. Gelingt der Relaunch, wird die klassische Soli-Bewegung endgültig historisch geworden sein.

Der Buko war ihr Dachverband, gegründet 1977 auf Betreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Das suchte damals nach einem Partner in der in vielen lokalen Grüppchen organisierten Szene der »Dritte-Welt«-AktivistInnen und stellte dafür nicht wenig Geld bereit.

Auf dem ersten Bundeskongress trafen VeteranInnen der studentenbewegten Vietnam-Solidarität und Internationalismus-Sekretäre kommunistischer Splitterparteien mit Leuten aus dem gewerkschaftlichen und kirchlichen Spektrum zusammen. Bestimmende Themen waren zunächst die Befreiungskämpfe im südlichen Afrika, später die mittelamerikanische Revolution. Lokale Soli-Komitees für Nicaragua, El Salvador und Guatemala stellten das Gros der Mitgliedsgruppen und radikalisierten die Bewegung schnell. Dass dabei nostalgische Hoffnungen auf ein in der Guerilla organisiertes revolutionäres Subjekt, ein patriarchales Politikverständnis und Illusionen über die emanzipatorischen Möglichkeiten peripherer Nationalstaaten im Spiel waren, ist hinlänglich kritisiert worden.

Anerkannt werden muss, dass es den Buko-Gruppen gelang, bis weit in die kirchliche und gewerkschaftliche Öffentlichkeit eine Sensibilität für die Unterstützung lateinamerikanischer Militärdiktaturen und Oligarchien durch die Bundesregierung und die Profite deutscher Unternehmen zu schaffen. Das Ergebnis waren zahlreiche Städtepartnerschaften deutscher und lateinamerikanischer Kommunen. Zur Kampagnen- und Bildungsarbeit kam die Projektkooperation mit den Befreiungsbewegungen durch Organisationen wie medico international, Eine-Welt-Läden oder die über 10 000 »BrigadistInnen«, die zur Erntehilfe nach Nicaragua reisten.

Als der Buko 1981 die Kampagne »Waffen für El Salvador« startete, verschlechterte sich die Beziehung zum BMZ rapide. Endgültig verloren ging die freundliche Unterstützung des Ministeriums, als der Buko in der Hochphase der Friedensbewegung wegen der Militärhilfe für die Diktaturen zur Blockade des BMZ aufrief.

Der historisch wichtigste Kongress war der 11. Buko, der 1987 unter dem Motto »Elende Schulden - unverschuldetes Elend« in Fulda stattfand. Hans Klein (CSU), damals Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kommentierte im Bundestag: »Wer Not und Unterentwicklung der Menschen in der Dritten Welt zynisch zur innenpolitischen Profilierung oder gar zur ideologischen Hetze missbraucht, der muss auf unseren geschlossenen Widerstand rechnen. Ich sage das aus aktuellem Anlass. Der so genannte Buko, eine von Kommunisten und anderen Linksextremen beeinflusste Organisation, bereitet eine breite Kampagne zur Störung bis zur Verhinderung der nächstjährigen Herbsttagung von Weltbank und IWF in Berlin vor. Gewalt ist (...) angesagt.«

Tatsächlich war der Buko eine treibende Kraft der ersten Anti-IWF-Kampagne, zu deren Abschluss 80 000 Menschen demonstrierten. Zwischen Grünen und DKP einerseits, Autonomen oder Antiimps andererseits stand der Buko für eine dritte Position, den einen zu radikal, den anderen zu reformistisch. Der 12. Buko, ebenfalls nach Frankfurt einberufen, konnte nur mit richterlicher Beihilfe zusammentreten, weil der CDU-Bürgermeister den Kongress verboten hatte.

Die »Wende« um 1989 riss auch den Buko in die Krise. In der Folge der UN-Umweltkonferenz von Rio 1992 institutionalisierten sich nicht wenige Gruppen zur NGO oder wendeten sich der »Agenda 21« zu. Andere lösten sich vom Bezug auf den Nord-Süd-Konflikt und plädierten angesichts der Maastrichter Verträge für eine langfristig angelegte Anti-EU-Kampagne. Viele Projektkooperationen entpolitisierten sich. Von Kongress zu Kongress sank die Zahl der TeilnehmerInnen, der Zusammenhang unter den restlichen Gruppen lockerte sich. Der Buko war im gewerkschaftlichen, kirchlichen und kommunalpolitischen Spektrum nicht mehr relevant. Arbeitsfähig blieben allein teilprofessionalisierte Gruppen wie die Buko-Pharmakampagne oder die Agrar-Koordination.

Einige Jahre vor Seattle oder Genua begann der Buko mit ersten Vorbereitungen zu dem, was heute mangels begrifflicher Alternativen »Globalisierungskritik« heißt. Mitte der neunziger Jahre rief eine »Arbeitsgruppe Schwertfisch« den Buko auf, von der nur südwärts gerichteten Soli-Arbeit zur globalen »Abwicklung des Nordens« überzugehen. Neben einem »Arbeitsschwerpunkt Rassismus und Flüchtlingspolitik« entstand 1998 der »Arbeitsschwerpunkt Weltwirtschaft«, der seither ohne Berührungsangst Kritik am staatsreformistischen Flügel des Attac-Netzwerks formuliert.

Seither hat der Buko wieder Zulauf; der Münchner Kongress 2001 wurde zum Forum, auf dem Linke auch von außerhalb die Folgen des 11. September 2001 diskutierten. Die Kooperation mit anderen Gruppen und Institutionen wurde gesucht, zum Frankfurter Kongress rufen zum Beispiel auch kanak attak, die Deutsche Friedensgesellschaft DFG-VK, Libertad!, diverse linke Zeitungen und lokale Gruppen des Rhein-Main-Gebiets auf.

Die Buko öffnet sich damit für antifaschistische, antirassistische, antimilitaristische und patriarchatskritische Gruppen. Das Ziel ist »ein Zusammenschluss, Netzwerk oder was auch immer von Gruppen und Menschen, die sich innerhalb des herrschaftskritischen Spektrums der internationalen Protestbewegung verorten und die Buko als Möglichkeit nutzen, über die Ambivalenzen dieser Protestbewegung zu streiten«, erklärt die Vorbereitungsgruppe. »Ambivalent« wird es spätestens am Freitagabend werden, wenn es unter dem Titel »Der Nahostkonflikt und die Solidaritätsbewegung« um »Wege aus der Sackgasse« geht.

Buko25 findet vom 9. bis 12. Mai in Frankfurt am Main statt. Infos unter www.buko.info