Formel 1: Ferrari verarscht alle

Disziplin im Team

Ein ganz kleines bisschen dämlich muss man schon sein, wenn man in diesem Jahr bei irgendeinem Wettbüro für ein beliebiges Formel 1-Rennen auf einen anderen Sieger als Michael Schumacher setzt. Absolute Sturzblödigkeit ist jedoch die unbedingte Voraussetzung dafür, die Ersparnisse ausgerechnet auf einen ersten Platz seines Teamkollegen Rubens Barrichello zu verwetten, denn schließlich gilt Ferrari als der Rennstall mit der rigidesten Teamorder aller Zeiten.

Die besagt im Großen und Ganzen, dass der unsympathischste Autofahrer des bislang bekannten Universums grundsätzlich zu gewinnen hat. Die Arbeit der gesamten Ferrari-Mannschaft ist auf dieses Ziel ausgerichtet, das blöderweise seit einiger Zeit auch regelmäßig erreicht wird.

Rubens Barrichello wurde deswegen auch unlängst wieder mit einem so genannten »Nummer-Zwei«-Vertrag ausgestattet, der besagt, dass der Brasilianer alles in seinen Kräften stehende zu unternehmen hat, um auf jeden Fall hinter Schumacher das Ziel zu erreichen. Sollte er aber bei einem Rennen einmal besser sein und sich plötzlich vor der teaminternen Nummer Eins wiederfinden, muss Barrichello halt an einer ihm geeignet erscheinenden Stelle anhalten und so lange warten, bis Schumacher an ihm vorbeigefahren ist.

Danach hat sich der überholte Fahrer derart in den fließenden Verkehr einzufädeln, dass er nach Möglichkeit alle potenziellen Gegner des Champions durch extremes Herumlähmeln aufzuhalten in der Lage ist. So weit, so einfach.

In dieser Saison geschah jedoch das Unvorhergesehene: McLaren-Mercedes spielte plötzlich nicht mehr mit. Der Rennstall, der durch exzessives Non-Team-Ordering schon einmal eine WM komplett verspielte, war auf einmal nicht mehr in der Lage, ein Auto zu bauen, das ein paar Kilometer lang durchhält. Oder funktionsfähige Reifen daran zu befestigen. Oder Tankstopps so zu planen, dass die Fahrer nacheinander die einzige Zapfsäule belagern. Oder so.

Jedenfalls stellte sich das Team derart blöde an, dass bereits nach wenigen Renntagen der Weltmeister festzustehen schien: Schumacher heißt er, wie auch sonst. Das nun brachte den Formel 1-Besitzer Bernie Ecclestone in eine echte Zwickmühle. Einerseits gilt der Mann als absoluter Schumi-Fan, andererseits lebt er davon, dass die Rennen auch außerhalb Deutschlands angeschaut werden.

Und so mag Ecclestone vor dem letzten Rennen in Östereich eine brillante Idee gekommen sein. Wie wäre es, wenn zwar wieder ein Ferrari, aber diesmal mit einem anderen Fahrer, gewinnen würde? Gesagt, getan. Barrichello gewann das erste Training, das zweite Training, das Qualifying, das Warm Up. Und er hätte wohl auch das Rennen gewonnen, wäre Michael Schumacher nicht ungefähr in der 51. Runde drauf gekommen, dass er ja die Nummer Eins ist.

Alles weitere ist bekannt. Barrichello musste Platz machen, Udo Jürgens stornierte die Bestellung eines roten Flitzers, und Schumacher werden wegen ungerechtfertigten Sieges wohl die gewonnenen zehn Punkte wieder aberkannt werden.

Internationale Wettbüros überlegen nun, aus Gründen der Glaubwürdigkeit auch die Barrichello-Quoten auszuzahlen. Was recht hirnrissig ist: Wer in dieser Saison so naiv ist, an das Gute bei Ferrari zu glauben, sollte mit einem Totalbankrott bestraft werden.