Home Story

Sambarhythmen und der Duft von Caipirinha liegen in der Luft. Ist schon wieder Karneval der Kulturen? Wie schnell doch so ein Jahr vergeht.

So schnell, dass man sich fragt, ob die Jahreszeiten in der Redaktion eigentlich dieselben sind wie draußen. Die Wochentage jedenfalls wurden vertauscht, in der Bergmannstraße heißt es: It's friday and I got monday on my mind. Die Tageszeiten sind völlig außer Rand und Band, es geht von twelve to nine statt von nine to five. Du schaust hinaus und es schneit, drehst Dich um, bearbeitest einen Text, und schon scheint wieder die Frühlingssonne. Nichts ist hier wie im richtigen Leben. Die Kollegen sind nett, die Tassen gespült und fast alle im Schrank.

Doch manchmal fragt man sich, ob mit der eigenen Wahrnehmung noch alles in Ordnung ist. Gab es wirklich ein Leben davor? Abends versucht man, ein Buch zu lesen, irgendwas aus der echten Welt, und die Buchstaben tanzen vor den Augen und bilden immer wieder denselben Schriftzug: J-u-n-g-l-e W-o-r-l-d.

Denn Jungle ist die Matrix, und die Home Story ist der Eingang. Denk' mal drüber nach. Wo bist du gerade? Siehst du: Hier. Wo warst du gestern? Hast du einen Beweis dafür, dass du einmal draußen warst, außerhalb der Matrix? Deine Freunde von draußen rufen dich an? Das besagt gar nichts. Das könnten Simulationen sein.

Hast du überhaupt einen Beweis für Deine Existenz? Are you still in the game? Oder bist du nur der Traum des Redakteurs, der sich einen spannend geschriebenen Text über ein völlig anderes Thema wünscht? Bist du nur ein Atom im Fingernagel des Korrekturlesers? Ein Staubkorn auf dem Mantel des Abonnenten?

Zwei Sätze noch, dann hinaus, beim Campari-Stand gibt's noch Musik. Ein leidenschaftlicher Tango, Maske auf und hinein in die Nacht.