Giftskandal in der ökologischen Landwirtschaft

Ökofleisch ist Mord!

Alles hat ein Ende und auch die Ökowurst hat zwei. Dass sie sich gar nicht so sehr von der so genannten konventionellen Wurst unterscheidet, wissen wir jetzt. Fast so, als hätten alle darauf gewartet, hat nun auch die Ökobranche ihren Lebensmittelskandal. Noch dazu einen, der sich sehen lassen kann. Rückstände von verbotenen krebserregenden Pflanzenschutzmitteln im zertifiziert ökologisch korrekten Essen, das grenzt an eine Katastrophe.

Mit Konzentrationen von giftigem Nitrofen, die den zulässigen Wert um das Zehnfache überschreiten, konnte die herkömmliche Agrarindustrie bislang nur selten dienen. Die detektivischen Fähigkeiten, die die Aufklärer des Skandals an den Tag legen mussten, bis sie schließlich der Giftquelle auf die Spur kamen, beweisen, wie wenig transparent die ökologische Nahrungsmittelwirtschaft ist. Und dass ausgerechnet Biogetreide in einem ehemaligen Pestizidlager aufbewahrt wurde, wird das Vertrauen der zahlungswilligen Kundschaft nicht unbedingt steigern.

Dabei waren es gerade die akribischen Kontrollen und die Produktion ohne Geheimnisse, mit denen Lobbyisten immer warben. Gerne wurde auch der geschlossene ökologische Kreislauf ausgeführt, um die »bessere«, die umwelt- und tierfreundliche Landwirtschaft zu rühmen. Die perfekte Bäuerin gibt ihren frei laufenden Tieren ausschließlich das Futter in den Trog, das auf den eigenen Feldern gedeiht, sie düngt möglichst nur mit dem hauseigenen Mist und hält lediglich so viele Viecher im Stall, wie es der ökologische Kreislauf erfordert und erlaubt.

Doch gegen diese Regeln wird längst auf so manchem Biohof verstoßen. Die kapitalistische Realität hat den Kreislauf geöffnet. Unter die Vertreter der reinen Lehre haben sich die Spezialisten und Rationalisierer gemischt. Auch wenn es die Verfechter der Ökonische, in der angeblich eigene Marktgesetze herrschen, lange nicht wahrhaben wollten, hat die globalisierte kapitalistische Konkurrenz keinen Bogen um die heile Biowelt gemacht. Im Gegenteil, auch Vertreter dieser Branche wollten beim großen Geschäft mitmischen.

Nicht ohne dabei in der eingeschworenen Ökogemeinde hitzige Grundsatzdebatten auszulösen. Dürfen ökologisch angebaute Produkte bei Aldi oder Lidl angeboten werden? Das war noch in den neunziger Jahren eine der Fragen, über die vor allem auf deutschen Biomessen heftig gestritten wurde.

Dank Dioxin und BSE schnellte die Nachfrage nach gesunder Bionahrung dann schlagartig in die Höhe. Ökopodukte »müssen dahin, wo die Masse der Verbaucher einkauft, in die Regale der Supermärkte«, verkündete Verbraucherschutzministerin Renate Künast. Binnen zehn Jahren, so ihr Ziel, sollte der Anteil der Bioprodukte von rund drei auf 20 Prozent des deutschen Lebensmittelmarktes steigen. Im Jahr 2001 schaffte es die Branche gerade mal von 3,1 auf 3,7 Prozent.

Und das ging auch nicht aus eigener Kraft, die neuen Biofabriken entstanden in vielen Bereichen, vor allem in der Geflügelbranche, innerhalb der herkömmlichen Agroindustrie. Die Strukturen der Produktion und der Vermarktung schaute man sich meist von der konventionellen Landwirtschaft ab.

Schließlich galten für Biobauern, die um einen Regalplatz im Supermarkt konkurrierten, dieselben harten Bedingungen wie für die konventionellen Anbieter. Nun war die gerade gewachsene Einheitsmöhre und nicht die sandige krumme Rübe aus dem Bioladen gefragt. Und vor allem der Preis war entscheidend. Erst mit dem gegenwärtigen Skandal haben viele Kunden an der ökologischen Landwirtschaft zu zweifeln begonnen. Und die ganz banale Feststellung gemacht, dass auch diese Branche nicht heilig ist.