Stoibers Aussage vor dem Untersuchungsausschuss

Wunderwelt Bayern

Kaum waren sie erhoben, wurden die Spendenvorwürfe Karlheinz Schreibers von der CSU bereits eifrig dementiert. In seinem kanadischen Exil hatte der frühere Rüstungslobbyist der CSU und Edmund Stoiber dieselben Schiebereien unterstellt, wie sie in der CDU gang und gäbe waren. Und schon hieß es: »Schreiber lügt und hat schon immer gelogen!« Aber glaubt wirklich jemand, dass ausgerechnet in der Amigo-Partei CSU alles anders war als in der CDU?

Stoiber bemühte sich in der vorigen Woche vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages, den Eindruck zu erwecken, dass es zumindest einen gibt, der an die Unbescholtenheit der Christsozialen glaubt, ihn selbst nämlich. »Die von Schreiber behaupteten Zahlungseingänge bei der CSU hat es nie gegeben«, erklärte er forsch. Wirtschaftsprüfer hätten das in einem Gutachten bewiesen. Schreiber lachte, als er davon hörte: »Die haben festgestellt, dass das Geld offiziell nicht eingegangen ist. Na sowas ... Eine Frechheit ist das! Das Geld ist auf die geheimen Konten gegangen. Dass sie die nicht vorzeigen, ist doch ganz normal, oder? Was erzählt er denn da?«

Schreiber hatte dem Untersuchungsausschuss von zwei Millionen Mark Spenden, die er illegal an die CSU weitergeleitet haben will, erzählt und von »laufenden NA« (Abkürzung für »nützliche Aufwendungen«), die Franz Dannecker für die CSU eingesammelt haben soll. Stoiber, den Schreiber einen »Alpenapparatschik« nennt, und sein Wahlkampfteam versuchen dagegen, das Bild vom Saubermann aus dem Freistaat aufrechtzuerhalten. Doch das Bild weist viele Widersprüche auf.

So verbrachte Stoiber mit seiner Familie mehrmals bei Dieter Holzer in dessen Villa an der Cote d'Azur seinen Urlaub. Holzer ist eine der Schlüsselfiguren in der Leuna-Affäre, es wird vermutet, dass er das Schmiergeld, welches das französische Unternehmen Elf Aquitaine beim Kauf der Leuna-Raffinerie gezahlt haben soll, auf deutsche Empfängerkonten verteilt hat. Holzer hat es nach seiner kurzzeitigen Verhaftung vorgezogen, sein Domizil in den Libanon zu verlegen.

Und um nach Monte Carlo zu kommen, benutzten die sparsamen Stoibers einen Lear Jet von Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB). Darauf angesprochen, beteuerte der Kandidat vor dem Ausschuss, es sei alles längst »steuerlich geltend gemacht« und »in Ordnung gebracht« worden. So sieht sie aus, die bayerische Wunderwelt.

Aber das war nicht der entscheidende Punkt in seiner Aussage. Denn Stoiber offenbarte vor dem Ausschuss nicht nur Erinnerungslücken, sondern sagte womöglich sogar die Unwahrheit. Er bestritt, als Generalsekretär der CSU und als Leiter der Staatskanzlei von Franz Josef Strauß jemals mit den Parteifinanzen befasst gewesen zu sein. Dagegen wiesen SPD und Grüne am Donnerstag voriger Woche auf Aussagen früherer Unionspolitiker hin, die das Gegenteil nahe legen.

Es geht um die Erinnerungen von Walther Leisler Kiep, dem ehemaligen Schatzmeister der CDU, und von Friedrich Voss, dem früheren Büroleiter von Strauß. Danach soll Stoiber 1980 in der Finanzkommission der CSU mitgewirkt und durchaus mit der Finanzierung des damaligen Wahlkampfes zu tun gehabt haben.

Lügt nun Stoiber oder lügen alle anderen? Schreiber war selbst ein Mann des schwarzen Korruptionssystems. Seine Aussagen in der Affäre aber haben bisher im Wesentlichen gestimmt. Warum sollte er im Fall Stoiber lügen? Wegen niederer Beweggründe, wie manche Kommentatoren nun meinen? Um wieviel verwerflicher könnte das Bedürfnis nach »Rache« sein als der Wunsch, die Wahrheit zu vertuschen, um die Macht zu behalten oder gar noch mehr davon zu bekommen?