Task Force gegen Wirtschaftskriminalität in den USA

Große Geste

Schwerbewaffnete in Schwarz seilen sich an der Wand eines Hochhauses ab, Fensterglas geht zu Bruch. Eine Blendschockgranate und ein paar MPi-Salven später sind die Bösewichte von Kugeln durchsiebt oder verhaftet. Die Szene ist aus vielen Filmen bekannt, die Helden in Schwarz werden als SWAT Officers bezeichnet. SWAT steht für Special Weapons Assault Team, die Einheiten entsprechen den deutschen Sondereinsatzkommandos.

Als SWAT bezeichnet US-Präsident George W. Bush auch die neue Arbeitsgruppe zur Wirtschaftskriminalität, die das Weiße Haus in der vergangenen Woche ins Leben rief. Unter dem Vorsitz des stellvertretenden Attorney General Larry Thompson soll die Gruppe »energisch und aggressiv«, so Bush, gegen Wirtschaftskriminalität à la Enron, Global Crossing, WorldCom etc. vorgehen.

Gleichzeitig werden im Kongress neue Wirtschaftsgesetze debattiert. Der Senat hat sich am vergangenen Freitag mit großer Mehrheit dafür entschieden, einen Absatz über das Verbot von Darlehen von Unternehmen an ihre Manager in die Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität aufzunehmen. Ebenfalls in der Debatte sind Vorschläge über eine Sperrfrist, während derer Mitglieder einer Unternehmensführung ihre Anteile am Unternehmen nicht veräußern dürfen, sowie höhere Mindeststrafen für Wirtschaftsdelikte.

Dass die US-Regierung als nächstes die Tobin-Steuer verabschieden wird, ist jedoch nicht zu erwarten. Denn es ist notwendig, zwischen dem Handeln der Regierung und den Gesetzesinitiativen im Kongress zu unterscheiden. Letztere nämlich erregen im Weißen Haus großes Missvergnügen. Vizepräsident Richard Cheney, selbst ein ehemaliger Manager, verwahrte sich gegen die Schaffung neuer Straftatbestände und die Vereinfachung des Klageweges für Aktionäre, die seiner Ansicht nach Mut und Risikobereitschaft in der US-Wirtschaft schmälern und somit das Wirtschaftswachstum bremsen könnten.

Bushs mit großer Geste vorgestellte Task Force ist dementsprechend in der Hauptsache aus Ermittlern zusammengestellt, die bereits bestehende Fälle untersuchen - jetzt aber unter genauer Beobachtung durch ihre neuen Vorgesetzten in Washington. Diese sind von persönlichen Interessen am Ausgang der Ermittlungen nicht immer frei. So sind, wie es im Business-Jargon heißt, »aggressive« Buchführungstechniken bei dem Ölkonzern Halliburton aus Cheneys Zeit als Vorstandsvorsitzendem derzeit Gegenstand einer Ermittlung der Börsenaufsicht SEC. Ein erstaunlicher Vorgang, denn SEC-Chef Harvey L. Pitt wurde von George W. Bush persönlich ausgewählt. Seine Qualifikation: Lobbyarbeit gegen strengere Börsenregeln, im Auftrag von Börsenmaklern und Wirtschaftsprüfern.

Bush selbst steht ebenfalls unter Beschuss - wegen seiner Vergangenheit als nicht sonderlich erfolgreicher Wirtschaftskapitän bei der Ölfirma Harken Energy. Er hatte sich von dem Unternehmen einen günstigen Kredit beschafft und seine Aktien kurz vor einem Kurssturz verkauft. Nun ist Bushs erklärtes Ziel die Wiederherstellung des Vertrauens in die Wirtschaft bzw. den Aktienmarkt. Seine Wirtschafts-SWAT soll zu diesem Zweck in möglichst spektakulärer Weise einige der »schwarzen Schafe« ausheben, nach dem Prinzip: Übeltäter bestraft, Vertrauen wiederhergestellt.

Dagegen hätten die derzeit im Kongress diskutierten Gesetzesverschärfungen, insbesondere die Bewertung bisher offenbar weit verbreiteter Kavaliersdelikte als ernste Straftaten, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Unternehmenskultur in den USA. Allzu genaues Hinsehen könnte, wenn man die bisherige Skandalgeschichte zu Grunde legt, die Krise wesentlich verschärfen. Ironisch wäre es schon, wenn ausgerechnet die Börsenaufsicht einen Börsencrash verursachen würde. Dann würden allerdings auch die verlieren, die keine Aktien besitzen.