Friedensabkommen zwischen Regierung und Guerilla

Der General gibt nach

Das Friedensabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und der Guerillaarmee SPLA hat Hoffnungen auf ein Ende des Bürgerkrieges geweckt.

Schon das persönliche Zusammentreffen der Kontrahenten war ein Ereignis. »Sie sind im selben Raum. Das Treffen hat begonnen«, verkündete der ugandische Regierungssprecher am Samstag. General Omar al-Bashir, dessen Regime einst aus dem Sudan einen islamistischen Musterstaat machen wollte, und John Garang, dessen Sudanese People's Liberation Army (SPLA) im Süden des Landes seit 19 Jahren die Zentralregierung bekämpft, sprachen in der ugandischen Hauptstadt Kampala über die Umsetzung des eine Woche zuvor geschlossenen Friedensabkommens.

Schätzungsweise zwei Millionen Menschen starben im Bürgerkrieg, und der Südsudan leidet unter einer andauernden Hungersnot. Regierungstruppen und Soldaten der SPLA haben schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen begangen, von der Versklavung von Gefangenen bis zu Kreuzigungen. Alle bisherigen Vermittlungsbemühungen waren gescheitert, ein von den USA vermittelter Waffenstillstand in den Nuba-Bergen hatte nur dazu geführt, dass die Truppen in andere Regionen verlegt und die Kämpfe dort intensiver wurden.

So gab es nicht viele Gründe für Optimismus, als die Repräsentanten der Kriegsparteien am 17. Juni die Friedensverhandlungen im kenianischen Machakos begannen. Doch die in fünfwöchigen Diskussionen unter der Schirmherrschaft der regionalen Inter-Governmental Authority on Development (Igad) ausgehandelte Rahmenvereinbarung enthält eine prinzipielle Einigung über einige der zentralen Streitpunkte zwischen den Kriegsparteien und einen Zeitplan für die nächsten sechs Monate, in deren Verlauf ein endgültiges, umfassendes Friedensabkommen unterzeichnet werden soll. Derzeit herrscht Optimismus vor, doch die Zeit bis zum Beginn des nächsten Jahres wird unsicher sein. Denn die Hardliner auf beiden Seiten können die Verhandlungsphase für Versuche nutzen, eine Einigung zu torpedieren. Ein Waffenstillstand wurde noch nicht vereinbart.

Obwohl nicht alle Teile des Rahmenabkommens öffentlich bekannt gegeben wurden, scheint die SPLA viel erreicht zu haben. Die meisten ihrer politischen Forderungen wurden erfüllt. Es soll nun eine Autonomie für den Südsudan geben, die Regierung stimmte einer offiziellen Trennung von Religion und Staat zu, und die Sharia wird künftig nur im Norden des Sudan gelten. Sechs Jahre nach einem endgültigen Abkommen soll ein international überwachtes Referendum abgehalten werden, in dem die Bevölkerung des Südsudan entscheiden kann, ob sie die Sezession will. Bis dahin wollen die Kriegsparteien sowohl die Macht als auch die Ressourcen teilen.

Vor allem die sudanesischen Islamisten protestieren, weil die Regierung zu große Zugeständnisse gemacht habe. General Omar al-Bashir, der 1989 den Präsidenten Sadiq al-Mahdi stürzte, geriet in den neunziger Jahren mehr und mehr unter den Einfluss des Islamistenführers Hassan al-Turabi und seiner National Islamic Front (NIF). Als die Macht der Islamisten ihren Höhepunkt erreicht hatte, trainierten 15 000 Jihad-Kämpfer im Sudan. Doch als Turabi 1999 versuchte, Bashir zu entmachten, stellte der General ihn unter Hausarrest.

Seitdem zeigt das Regime eine etwas größere Toleranz. Exilierte Oppositionelle, unter ihnen Sadiq al-Mahdi, konnten zurückkehren. Selbst der kommunistische Musiker Mohammed Wardi durfte einreisen und gab drei ausverkaufte Konzerte, bei denen auch Regierungsbeamte tanzten und sangen, was noch vor zwei Jahren undenkbar gewesen wäre.

Gleichzeitig bemüht sich das Regime um bessere Beziehungen zum Westen, nicht zuletzt zu den USA, die den Sudan weiterhin in der Liste der den Terrorismus unterstützenden Staaten aufführen. Nach einigem Zögern ist die US-Regierung, die zuvor nichts zur Beendigung des Bürgerkrieges beigetragen hatte, auf den sudanesischen Kurswechsel eingegangen. Präsident George W. Bush ernannte John Danfort zum Sondergesandten, die USA spielten eine zentrale Rolle bei den Verhandlungsbemühungen und stellen offenbar den einzigen Vermittler, dem zuzuhören beide Parteien bereit sind.

Dass die Regierung sich im Rahmenabkommen von Machakos mit Forderungen der SPLA einverstanden erklärte, die sie jahrelang zurückgewiesen hatte, dürfte aber auch ökonomische Gründe haben. Die neu gefundenen Ölvorkommen und andere Bodenschätze können nur ausgebeutet werden, wenn Frieden in der Region herrscht. Zudem benötigt der Sudan ausländisches Know-how, um die Ölquellen zu erschließen; im Land tätige Ölfirmen sind jedoch scharfer Kritik ausgesetzt. Das kanadische Unternehmen Talisman Energy wurde von lokalen politischen Gruppen ebenso wie von den Regierungen Kanadas und der USA gedrängt, sich von seinem 25prozentigen Anteil an einem joint verture im Sudan zu trennen. Im vergangenen Jahr versprach Talisman zu verkaufen, doch für 2002 wurden 115 Millionen Euro für Forschung und neue Bohrungen im Sudan zurückgestellt.

Das schwedische Unternehmen Lundin Petroleum stoppte seine Bohrungen Anfang dieses Jahres, vor allem wegen der Gefahr für das Personal. Andere Firmen wie Petronas aus Malaysia, Slavneft, Rosneft und Tatneft aus Russland und die österreichische OMV AG bleiben aktiv. Und erst im November des vergangenen Jahres schloss Siemens einen Vertrag mit der malaysischen Ektisas und der polnischen HCP über den Bau eines Kraftwerks zehn Kilometer nördlich von Khartum.

Politische und ökonomische Zwänge drängten die Regierung zu größerer Kompromissbereitschaft, und nach fast zwei Jahrzenten des Bürgerkriegs scheinen auch die Generäle in Khartum eingesehen zu haben, dass sie den Konflikt nicht mit militärischen Mitteln für sich entscheiden können. Nach dem 11. September hat Bashir erkannt, dass es besser ist, die USA neben sich als gegen sich zu haben. Wenn die Sanktionen gelockert werden und der Krieg mit dem Süden durch Verhandlungen beendet wird, werden außer Petrodollars womöglich auch große Beträge aus Entwicklungshilfefonds kommen, Ströme von Bargeld, die der Bevölkerung helfen könnten, aber zumindest die Taschen der Führer füllen würden.

Dennoch bleibt es fraglich, ob alle Seiten das Abkommen verwirklichen werden. Neben Erleichterung und vorsichtigem Optimismus gibt es bereits viele kritische Kommentare. So erklärte der Turabi-Anhänger Hassan al-Amin, die Islamisten begrüßten das Abkommen »im Prinzip«, doch über Fragen wie »das islamische Gesetz, föderale Regierung und Einheit sollte es keine Kompromisse geben«. Hardliner im Süden dagegen beklagen, dass nicht über die Unabhängigkeit verhandelt wurde.

Die Oppositionsparteien des Nordens fordern, das ganze Land von der Sharia zu befreien, und wollen an den weiteren Verhandlungen beteiligt werden. Ohne die Einbeziehung weiterer Parteien aus dem ganzen Sudan, so der Analytiker Ibrahim al-Nur, könne das Abkommen scheitern: »Wir müssen es jetzt erweitern und ein demokratisches Element einbringen. Das ist die einzige Garantie für Stabilität.« Für die Fortsetzung der Gespräche am 12. August ist eine Erweiterung des Teilnehmerkreises jedoch nicht vorgesehen.