Rechte Offensive eines französischen Autors

Jüdischer Einfluss

Einige Kritiker haben den französischen Schriftsteller Renaud Camus mit dem deutschen Ernst Jünger verglichen. Beide stehen für das aristokratische Ideal des heroischen, die Masse überragenden Einzelnen. Außerdem haben beide zunächst über viele Jahre fleißig produziert, ohne dass sie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden.

Bei Renaud Camus waren das in 25 Jahren über 40, oft ziemlich umfangreiche Werke. Richtig bekannt in Frankreich wurde Camus aber erst im Frühjahr des Jahres 2000, als sein langjähriger Verleger dessen kurz zuvor erschienenes »Tagebuch 1994« vom Markt nahm. Vorausgegangen war eine heftige Debatte um antisemitische Stellen in dem Buch (Jungle World, 27/00). Es ging unter anderem um Passagen, in denen Camus einen zu hohen Anteil jüdischer Journalisten in einer Kultursendung beklagte.

Nun ist der Schriftsteller erneut an die Öffentlichkeit getreten. Nach dem offenkundigen Desinteresse der Franzosen an den Parlamentswahlen im Juni meldete sich Camus, der sich bei den Präsidentenwahlen gegen Le Pen ausgesprochen hatte, wieder zu Wort, dieses Mal, indem er zur Gründung einer Partei aufrief. Dabei handelt es sich freilich nicht um eine reale politische Initiative, sondern um eine spektakuläre Kunstaktion, die entfernt an den in Deutschland bekannten Schlingensief-Stil erinnert.

»Parti de l'In-nocence« soll die Partei heißen, der Name ist doppeldeutig und bedeutet wörtlich »Partei der Unschuld«. Zugleich ist nocence die lateinische Wurzel des französischen Begriffs nuisance (Schädlichkeit), und der gewählte Name kann auch »Partei der Nicht-Schädigung« bedeuten. Keinen Schaden nehmen sollen nach Vorstellung von Camus die Landschaft, Kultur und Sprache Frankreichs, er hat die »Sicherheit und Ungestörtheit der Bürger«, die »Sauberkeit« und ähnliche konservative Anliegen im Sinn.

Im Laufe des Sommers hat er nun mit einer Reihe von Entwürfen und Artikeln auf seiner Website seine Vorstellungen präzisiert. Explizit spricht er davon, den Kampf gegen »den verallgemeinernden Multikulturalismus und die allgemeine Vermischung« zu führen. Er will »dem französischen Charakter Frankreichs und dem europäischen Charakter Europas zutiefst verbunden« sein, weshalb auch »eine wirksame Beendigung jeder illegalen Einwanderung und eine rigorose Begrenzung der legalen Einwanderung« wichtig seien.

Nach einigen Ausführungen zur inneren Sicherheit - es gebe »Anzeichen für einen drohenden Bürgerkrieg oder zumindest eine Stadtguerilla in den Trabantenstädten« - verteidigt er schließlich noch »eine rassische Konzeption der Nation«, denn: »Während des gesamten Jahrhunderts hat das Kriterium der Nationalität nicht aufgehört, an Bedeutung zu verlieren«. Das liege am »Einfluss von jüdischen Intellektuellen, Journalisten und Politikern«.

Kritik an Renaud Camus' Offenbarung wurde vor allem von Patrick Kéchichian im Kulturteil von Le Monde formuliert. Camus antwortete darauf, indem er auf seiner Homepage die Pariser Abendzeitung mit der sowjetischen Prawda verglich und seiner Hoffnung Ausdruck gab, dass solche Kritik so manchen dazu bringe, zu sagen, dass Camus »vielleicht doch Recht hat«.