Moralkampagne in den Niederlanden

Harte Bilder

Ein ungewönliches Produkt könnte den Niederländern schon bald angepriesen werden. Bei dem »mit harten Bildern und guten Texten« beworbenen Artikel handelt es sich um die gute alte Moral, wie sie sich der Wirtschaftsminister Herman Heinsbroek von der Lijst Pim Fortuyn wünscht. In einer Mitteilung an den Ministerrat und den Premier Jan Pieter Balkenende, die in der letzten Woche noch vor einer Regierungserklärung in der Presse veröffentlicht wurde, rief er zu einer Bewusstsein schaffenden Kampagne auf, um Normen und Werte in den Niederlanden zu »re-implementieren«.

»Es muss bei unseren Landsleuten eine Mentalitätsveränderung bewerkstelligt werden, wobei ich vor allem an eine intensive Kampagne in der Presse, im Radio, im Kino, aber vor allem im Fernsehen denke. (...) Jedes 'Produkt' ist verkäuflich, es kommt nur darauf an, wie man es verpackt.« Ganz oben auf Heinsbroeks Liste der niederländischen Missstände steht der mangelnde Respekt vor Lehrern, Hausärzten, Polizisten und alten Menschen.

Heinsbroek gab nach seinem Amtsantritt die Anweisung, dass »wichtige Informationen auf einem DIN-A4-Blatt stehen. Ein Beamter, der nicht flott und präzise liefert, fliegt!« Deshalb liest sich sein Konzept auch wie ein Telegramm. »Man kann froh sein, dass es Lehrer und Hausärzte gibt und sollte sie mit Respekt behandeln. Ohne diese Menschen lernt man nichts und wird man krank. Strengere Regeln in den Schulen. Eltern, die sich in der Schule beschweren, dass ihr Kind eine Ohrfeige bekommen hat, werden rigoros bestraft.« Dass Lehrer ihre Schüler tatsächlich nicht ohrfeigen dürfen, scheint ihn nicht weiter zu interessieren.

Weiter seien die Notwendigkeit und der Nutzen der Polizei in Vergessenheit geraten. Dagegen empfiehlt Heinsbroek: »Fernsehspots, die dem Beruf einen 'uplift' geben, seine Notwendigkeit betonen und die Autorität auf eine konsumentenfreundliche, aber strenge Art und Weise wieder herstellen. Stramm in der Uniform, keine Ohrringe, Zöpfchen etc. Dresscode. Es sind keine Heizungsmechaniker oder Röhreninstallateure. Situationen, harte Bilder.«

Heinsbroek rät auch eindringlich dazu, dass man »nicht wegen jedem Wehwehchen zum Arzt geht. Gut nachdenken, der Mann oder die Frau ist nicht für deinen schmerzenden Finger da, sondern nur wenn man etwas hat, was man wirklich nicht selbst kurieren kann.«

Auch Verhaltensregeln für den richtigen Umgang mit Einwanderern fehlen nicht: »Wir haben nun einmal eine multirassische Gesellschaft. Lehre deinen Mitmenschen wie es hier funktioniert, sprich niederländisch, erkläre ihm oder ihr die Spielregeln.« Alles klar. Ähnliches wurde auch in der Regierungserklärung am Dienstag vergangener Woche verkündet. Neben der Teilnahme an Sprachkursen wird dort von künftigen Einwanderern verlangt, die »niederländische Kultur und Identität anzunehmen«.

Heinsbroek lässt es ob seiner »unkonventionellen« Idee nicht an Selbstlob fehlen: »Passt in diese Zeit und ist echt innovativ«, schließlich erwäge ja selbst der US-Präsident George W. Bush, die Reklameindustrie von Hollywood zur Bekämpfung des Terrorismus einzusetzen.