Seltsame Schiedsrichter I

Was für eine Pfeife!

So viel Ärger nach einem Abpfiff wie der Ecuadorianer Byron Moreno hatte wohl selten ein Fußballschiedsrichter. Kaum war das WM-Spiel Italien gegen Südkorea zu Ende, da ging es auch schon los. Vor allem die Italiener waren wütend. Die rote Karte für Francesco Totti sei absolut unberechtigt gewesen, mit mehreren anderen falschen Entscheidungen wie der Aberkennung des Tores von Tomassi habe der Schiedsrichter den Sieg der Koreaner begünstigt. Zeitlupenaufnahmen gaben ihnen Recht, aber sie wurden schnell wieder vergessen. Zu sehr freuten sich wohl die Fans in der ganzen Welt über den vermeintlichen Außenseiter, der es den Großen gezeigt habe.

Der Ärger der Tifosi erwies sich jedoch als sehr dauerhaft. Gerade erst wurden auf Sizilien vier kommunale Toiletten eingeweiht, die ausdrücklich Moreno gewidmet sind. Eine kleine Plakette an der Tür soll alle Eintretenden an den Schiedsrichter erinnern, erklärte der Lokalpolitiker Nino Bartolotta, man hoffe, dass diese Aktion auch dem Tourismus zugute komme.

Sind die Italiener also schlechte Verlierer, die einfach nur nach einem Sündenbock suchen? Nicht unbedingt, denn Byron Moreno fiel nach der WM gleich mehrmals durch seltsame Entscheidungen auf. In der ecuadorianischen Liga ließ er jüngst im Spiel Barcelona de Guayaquil gegen das LDUQ-Team aus Quito glatte 22 Minuten nachspielen, obwohl ihm nur 360 Sekunden angezeigt worden waren. LSUQ lag zu diesem Zeitpunkt mit 2:1 zurück, als Moreno die Pfeife aus dem Mund nahm, hatte der Club jedoch auf wundersame Weise 4:3 gewonnen.

Mit ein bisschen Nachhilfe des Schiedsrichters, so ist es zu vermuten. Er gab jedenfalls in dieser Zeit zwei umstrittene Elfmeter, verteilte zwei rote Karten und verwirrte die Zuschauer, indem er ein Tor zunächst anerkannte, dann jedoch annullierte.

Der Fußballverband des Landes (Fef) reagierte rasch auf das Skandalmatch, Moreno wurde suspendiert. Als die Funktionäre anschließend den Spielbericht lasen, stellten sie überrascht fest, dass der er »die letzten Minuten des Spiels vorsätzlich falsch schilderte«. Kurze Zeit später erklärten sie, eine lebenslange Sperre sei nicht ausgeschlossen.

Nun wird sich auch der Weltfußballverband Fifa mit Byron Moreno beschäftigen. Eine Untersuchung wurde angeordnet, in der »ungeklärte Vorfälle der letzten Monate, an denen Herr Moreno beteiligt war«, genauer beleuchtet werden sollen.

Am Ergebnis des WM-Viertelfinales Italien gegen Südkorea wird das wohl nichts mehr ändern. Byron Moreno wird vermutlich nicht mehr pfeifen dürfen, aber der Mann will sowieso in die Politik und daher dürfte ihn das nicht allzusehr stören. Konsequenzen wird niemand ziehen. Der Videobeweis wird nicht eingeführt werden, es wird keinen Oberschiedsrichter wie im Eishockey geben, und die Schiedsrichter werden auch weiterhin die am schlechtesten bezahlten Akteure auf dem Platz bleiben.