»Blix ist nicht Powells Angestellter«

Unter großer Aufmerksamkeit der Medien fanden am Montag und Dienstag vergangener Woche Gespräche zwischen der UN-Waffenkontrollkommission (Unmovic), der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und einer irakischen Regierungsdelegation statt. Bei dem Treffen in Wien wurde eine Wiederaufnahme der UN-Waffeninspektionen im Irak vereinbart. Mark Gwozdecky ist Informationsdirektor der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergiebehörde und Mitglied des UN-Verhandlungsteams.

Am Dienstagabend einigte sich eine UN-Delegation unter der Leitung von Hans Blix und Mohamed El Baradei mit den Vertretern des Irak auf die Rückkehr der UN-Waffeninspektoren. Die US-amerikanische Regierung fordert aber zuerst eine neue UN-Resolution zum Irak und will daher vorerst eine Wiederaufnahme der Inspektionen nicht dulden. Waren die Verhandlungen vergebens?

Ich wüsste nicht, dass sich viel geändert hätte seit Dienstag. Außer dass Blix und El Baradei mit der Rückkehr der Inspektoren warten wollen, bis eine neue UN-Resolution verabschiedet wird. Mit den technischen Vorbereitungen machen wir aber trotzdem weiter, denn die sind großteils unabhängig vom Vorhandensein einer neuen Resolution.

Es hatte geheißen, dass die ersten Inspektoren Mitte Oktober im Irak ankommen sollen. Dieser Zeitplan kann jetzt wohl nicht mehr eingehalten werden.

Das war niemals ein verbindlicher Punkt in der Wiener Vereinbarung. Beide Seiten haben lediglich den Wunsch geäußert, möglichst schnell wieder Inspektoren im Irak zu haben. Aber es wäre nach dem derzeitigen Stand der Dinge sinnlos, Inspektoren zu entsenden, wenn eine neue UN-Resolution dann etwas anderes beschließt. Und schließlich würden wir auch gerne die volle Unterstützung des Sicherheitsrates haben, wenn wir mit den Inspektionen beginnen.

Aber es war doch schon spätestens am Montagabend klar, dass die Verhandlungen in Wien auf die USA keinen Eindruck machen. US-Außenminister Colin Powell hat ja zu diesem Zeitpunkt bereits ausrichten lassen, Blix solle mit einer Einigung mit der irakischen Regierung warten, bis der Sicherheitsrat etwas Neues beschlossen hat.

Das, was wir in Wien verhandelt haben, braucht keine neue Basis durch eine neue Resolution. Es ging ja auch um technische Fragen wie Sicherheit, Logistik, Unterkunft, Visa, Landerechte, Infrastruktur oder die Kommunikation unserer Basis in Bagdad. Die Medien haben das natürlich nicht beachtet. Die Vereinigten Staaten werden wohl verstehen, dass man zuerst einmal praktische Fragen klären muss, bevor man überhaupt über ein neues Inspektionsregime reden kann.

Haben die Querschüsse aus den USA die Verhandlungen belastet?

Ich war die ganze Zeit dabei, das kam überhaupt nicht zur Sprache. Sie müssen bedenken, wir sind ein Organ des UN-Sicherheitsrates und werden die Regeln und Prozeduren nicht ändern, nur weil ein Mitglied des Sicherheitsrates das so will. Hans Blix ist auch kein Angestellter von Colin Powell.

Dann hätte er vielleicht gar nichts mehr zu tun.

Das ist eine eher hypothetische Überlegung.

Halten Sie es denn vom praktischen Standpunkt für zwingend notwendig, dass es eine neue UN-Resolution gibt? Würde das die Arbeit der Inspektoren im Irak erleichtern?

Ich werde mich auf keine Spekulationen einlassen. Wir haben nie gesagt, dass das bisher gültige Inspektionsregime perfekt ist, und natürlich begrüßen wir jede Resolution, die unsere Position stärkt. Aber wir haben auch während der bis 1998 währenden Inspektionen unter den bisher verbindlichen Resolutionen sehr gute Arbeit leisten können. Natürlich können wir es nicht mit letzter Gewissheit sagen, aber wir sind sicher, dass wir etwa im Nuklearbereich jede wichtige Anlage im Irak auffinden und zerstören konnten. Wir hatten auf jeden Fall einen guten Deal in den neunziger Jahren.

Die USA sind allerdings der Meinung, dass die Begleiter der Inspektoren, die von der irakischen Regierung gestellt werden, die Inspektoren an ihrer Arbeit hindern würden.

Die Prozedur im Irak stellt sich so dar, dass die irakische Regierung ein »National Monitoring Directorate« installiert hat. Dieses Gremium hat Angestellte, die uns begleiten. Aber wir haben ihnen nie angekündigt, wohin wir wann fahren. Wir treffen uns mit ihnen, sie begleiten uns an den von uns gewünschten Ort und sorgen dafür, dass wir dort auch reinkommen. Das ist alles. Wir können diese Leute Tag und Nacht anrufen, auch wenn es um Sicherheitsprobleme, um Hotels oder sonst etwas geht.

Tatsächlich ging es bei der Beschwerde der USA um etwas anderes. Die USA stört offenbar, dass die Begleiter auch bei den Interviews dabei sind, die wir führen. Darüber haben wir in Wien geredet, und das ist ein Punkt, über den es noch keine Klarheit gibt. Die irakische Regierung behauptet, die Anwesenheit dieser Begleiter bei den Interviews sei wichtig, um Missverständnisse, etwa durch Sprachbarrieren, zu beheben.

Die amerikanische Regierung will auch, dass es den Inspektoren gestattet wird, im Irak No-Fly-Zones und No-Drive-Zones zu deklarieren. Wurde das diskutiert?

Nein. Wir haben nicht über Details einer UN-Resolution geredet, die es noch gar nicht gibt. Wir sind, das sagte ich schon, dem Sicherheitsrat verpflichtet.

Wurden alle Fragen des Zutritts zu den »sensitive areas« gelöst, also etwa auch die Probleme bei Kontrollen militärischer Einrichtungen oder etwa des Hauptquartiers der im Irak regierenden Baath-Partei?

Ja, das wurde vollständig gelöst, und das ist tatsächlich ein wichtiger Punkt auf der Agenda der zweitägigen Verhandlungen gewesen. Es gibt für diese »sensitive areas« überhaupt keine Restriktionen. Die Kontrollen dieser Bereiche können von den Inspektoren genauso gehandhabt werden wie alle anderen Kontrollen auch.

Es gibt einen Zeitplan der Unmovic, nach dem die irakische Regierung nach Ankunft der Inspektoren noch 120 Tage Zeit haben soll, um zu kooperieren. Das wird den USA jedoch nicht passen.

Und noch dazu ist es eine falsche Darstellung. Der 120-Tage-Zeitrahmen bis zu einer vollkommenen Kooperation bezieht sich nicht auf die Ankunft der Inspektoren, sondern auf den Beginn der Inspektionen. Bis wir mit den Inspektionen beginnen können, wird es wohl beinahe ein Jahr dauern. Erst mit dem Beginn unserer Arbeit werden diese 120 Tage gerechnet. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir schon am ersten Tag unseres Aufenthaltes im Irak erkennen können, wie sehr die irakische Regierung tatsächlich mit uns kooperiert.

Warum stört die USA so sehr, dass die Frage, ob es einen Zutritt zu den Palästen Husseins geben wird, nicht beantwortet wurde. Dies wurde ja gar nicht verhandelt, weil dies auf der Ebene des UN-Generalsekretärs und der irakischen Regierung gelöst werden muss.

Das müssen Sie die USA fragen. Ich kann das wirklich nicht kommentieren.

Was sagen Sie zu dem britischen Irak-Dossier, das Saddam Hussein ein wohl gefülltes Arsenal an Massenvernichtungswaffen nachweisen will?

In diesem Dossier fehlen sämtliche Details und Beweise für die Anschuldigungen. Wir haben die britische Regierung kontaktiert und sie gebeten, diese Details nachzureichen. Wir warten noch darauf.