Berlin im Jahr 2020

Forever John

Die rüstige Greisin Barbara John setzt sich seit über 38 Jahren rührend für die Integration von Menschen ein, die zwar schon ewig in Deutschland leben, aber noch immer keinen deutschen Pass besitzen. Gleichzeitig will sie Flüchtlinge, die ihrer Ansicht nach schon längst das Land hätten verlassen können, mit dem Entzug jeglicher Unterstützung zur Ausreise zwingen. Sie ist Deutschlands erste und dienstälteste Ausländerbeauftragte. »Wie lange noch?« seufzt der Leiter einer Organisation, die Flüchtlinge unterstützt.

18 Jahre ist es her, dass der Berliner Senat dem Vorschlag der auch schon damals dienstältesten Ausländerbeauftragten zustimmte, ihre Arbeit nach der eigentlich unmittelbar bevorstehenden Pensionierung unentgeltlich fortzusetzen. John wollte den arg angeschlagenen Berliner Haushalt nicht noch weiter belasten. »Ich werde doch der Allgemeinheit nicht auf der Tasche liegen«, begründete sie damals ihr persönliches Opfer für Berlin.

Der Vorschlag wurde zunächst abgelehnt. Vor allem ihre politischen GegnerInnen in den Reihen der damals mitregierenden Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), eine um die Jahrtausendwende recht populäre Gruppierung, waren der Meinung, Johns Posten zum Ehrenamt zu machen, schade dem Ansehen der Stadt. Auch wurden Forderungen nach »frischem Wind« in der Behörde laut, was dem CDU-Mitglied John gar nicht gefiel. Die Berliner Integrationspolitik sei die »originellste« und stehe an der Spitze aller Bundesländer, äußerte sie sich in einem Interview mit der inzwischen verblichenen Berliner Zeitung.

Dann aber bekam Barbara John Unterstützung vom damaligen SPD-Landesvorsitzenden Peter Strieder. Er war der Meinung, dass man ein solches Angebot in Anbetracht der Haushaltsmisere nicht ausschlagen dürfe, und sorgte auch dafür, dass alle rechtlichen Bedenken ausgeräumt wurden. Es fand sich eine Zwischenlösung: John sollte zunächst ihr Amt behalten, bis eine geeignete Nachfolgerin gefunden sei. Das war nicht einfach, da niemand über so gute Kontakte zu den Trägern von Integrationsprojekten verfügte wie sie als amtierende Ausländerbeauftragte. Deshalb sucht der Berliner Senat bis heute und Johns Zwangspensionierung wurde von Jahr zu Jahr aufgeschoben. John erbte Geld und besserte ihr Sparguthaben auf. Ihr Verantwortungsgefühl hinderte sie daran, den Senat im Stich zu lassen. Ein Ende ist nicht in Sicht. »Ich erfreue mich bester Gesundheit«, droht die 82jährige.