Rechte Kontakte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgien

Lobbyist gesucht

Ein deutscher Staatsbürger mit separatistischen Absichten und Kontakten zur völkischen Rechten vertrat bis vor kurzem in der EU die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien.

Er war kaum noch zu halten. Der Belgische Rundfunk verbreite »Lügen« und seine Berichterstattung sei »manipuliert«. Außerdem betreibe der Sender »antideutsche« Hetze, polterte Karl-Heinz Lambertz, der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) in Belgien, die aus neun Gemeinden um Eupen und Sankt Vith an der Grenze zur Bundesrepublik besteht.

Ganz besonders hatte es Lambertz auf einen verantwortlichen Redakteur des deutschsprachigen Radiosenders abgesehen. Einen »Rachefeldzug« aus persönlichen Motiven habe der Mann unternommen, seine »ungeheuerlichen Vorwürfe« entbehrten »jeglicher Grundlage«. Vermutlich habe der Journalist »im Auftrag« gehandelt.

Erst Mitte der vergangenen Woche beendete der Regierungschef seine Rufmordkampagne gegen den Rundfunksender. Er wurde von der Vereinigung der belgischen Berufsjournalisten an die Pressefreiheit erinnert, anschließend stellte er seine Attacken ein.

Lambertz war deshalb so wütend, weil ein Bericht des Belgischen Rundfunks einen handfesten Skandal ausgelöst hatte, der die DG für mehrere Wochen aufwühlte und der schließlich in einem Eklat endete. Dabei begann die ganze Geschichte eher unspektakulär.

Das Parlament der DG hatte am Ende des vergangenen Jahres beschlossen, von der belgischen Region Wallonie neue Autonomierechte zu verlangen (Jungle World, 39/02). Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, bemühte sich Lambertz darum, eine Lobby aufzubauen.

Und so begann im Februar dieses Jahres der erst 26jährige Jörg Horn mit dem Aufbau einer Ständigen Vertretung der DG bei der Europäischen Union. Horn ist nicht nur ein deutscher Staatsbürger, er unterhält auch beste Kontakte zu deutschen Vertriebenenverbänden. Doch ein halbes Jahr lang konnte der neue Lobbyist an der Lösung der DG aus der belgischen Region Wallonie arbeiten, ohne dass sich jemand daran störte.

Mitte September berichtete dann der Belgische Rundfunk über Horns Verbindungen in die Grauzone des Rechtsextremismus in Deutschland. Der Vertreter der DG habe mehrfach Artikel in der rechtsextremen Jungen Freiheit oder dem Ostpreußenblatt veröffentlicht.

Es scheinen gerade diese Kontakte gewesen zu sein, die Horn für den Job qualifizierten. Er gilt als Experte für »Volksgruppenpolitik« und ist ein Anhänger des »Selbstbestimmungsrechts der Völker«, wie es auch die DG für sich fordert.

Damit nicht genug. Horn beschäftigt sich schon seit Jahren mit Konzepten, wie die an Deutschland grenzenden Gebiete nach und nach unter deutschen Einfluss gebracht werden können. So publizierte er beim Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien im Jahr 1997 eine Arbeit, in der er sich darüber auslässt, wie die grenznahen polnischen Städte Gubin und Zgorzelec mit den benachbarten deutschen Städten Guben und Görlitz zusammengeschlossen und aus dem polnischen Territorium gelöst werden können.

In der Jungen Freiheit und im Ostpreußenblatt beschrieb Horn, wie nach Autonomie strebende »Volksgruppen« ihre Absichten innerhalb der EU verwirklichen können. In seinen Artikeln schwadroniert er von einem »Lenkungsausschuss« zur »Kanalisierung volksgruppenbezogener Arbeit« und von einer einzurichtenden »Abteilung Minderheiten in der EU-Kommission«.

Ministerpräsident Lambertz muss von Horn ziemlich begeistert gewesen sein. Als er später gefragt wurde, wieso er ausgerechnet einen deutschen Staatsbürger mit separatistischen Absichten und Kontakten zur völkischen Rechten als Lobbyisten engagiert habe, da erinnerten sich einige an Lambertz' frühere Aussage: Horn sei für ihn »derart interessant« gewesen, dass er sich für ihn entschieden habe, ohne die Stelle öffentlich auszuschreiben.

Die gesamte Regierung der DG zeigt sich bis heute mit Horns Arbeit überaus zufrieden. Dabei ging er im Frühjahr sogar so weit, den Anschluss Ostbelgiens an Deutschland auf diplomatischer Ebene offen vorzubereiten. Als Ständiger Vertreter der DG versuchte er mehrfach, an den Treffen der EU-Vertretungen deutscher Bundesländer teilzunehmen. Dennoch erklärte die DG-Regierung Anfang Oktober, dass sie »kein Fehlverhalten« in seiner Tätigkeit erkennen könne: »Herr Horn hat die ihm erteilten Aufträge zur vollsten Zufriedenheit erfüllt.«

Horn erfreute sich allgemeiner Beliebtheit. Erst nach dem Bericht des Rundfunksenders, als der belgischen Öffentlichkeit die separatistischen Absichten bewusst wurden, kam auch im Eupener Parlament Kritik auf. Lambertz schade den Anliegen der DG, hieß es. Im »In- und Ausland« falle »ein schlechtes Licht« auf die eigenen Aktivitäten.

Der deutsche Konservative mit seiner Vorliebe für »bedrohte Völker« war schließlich nicht mehr zu halten. Anfang Oktober wurde er von der Eupener Regierung mit sofortiger Wirkung entlassen. Nicht aus inhaltlichen Gründen, wie man meinen könnte, sondern wegen der »alleinigen Tatsache der Veröffentlichung« in rechtsextremen Blättern. Horns bisheriger Posten in Brüssel ist seitdem vakant, die Stelle soll nun öffentlich ausgeschrieben werden.

Die Eupener Regierung behält es sich aber vor, auch in Zukunft deutsche Staatsangehörige zur Förderung des ostbelgischen Separatismus zu engagieren. Wer nicht bereit sei, Deutsche mit der Verwaltung belgischer Territorien zu betrauen, ähnele den »flämischen Rechtsradikalen«, sagte der Eupener Minister Lambert Jaegers von den Grünen. Das ist wohl eine kaum verhohlene Aufforderung an deutsche Nachwuchsvertriebene, sich um die Nachfolge Horns zu bewerben.